Dark Shadows

Alte Geschichten

Tim Burton dreht die notwenige Korrektur zum grassierenden Vampir-Kitsch

Mephistopheles!" ruft Barnabas Collins (Johnny Depp) aus, als er das Firmenlogo von McDonald's erblickt. Denn in der Welt, aus der er kommt, gilt das geschwungene "M" als Zeichen des Satans. 196 Jahre lag der Vampir lebendig begraben unter der Erde und muss sich nun im Amerika der siebziger Jahre zurecht finden. Dabei ist Barnabas ein Blutsauger der besonders höflichen Art. "Sie haben keine Ahnung, wie durstig ich war" entschuldigt er sich, nachdem er die Baubrigade, die bei Erdarbeiten auf seinen verketteten Sarg stieß, ausgesaugt hat.

Wohlgenährt macht er sich auf zum Familiensitz Collinwood Manor, den sein Vater 1760 von Liverpool kommend in der amerikanischen Wildnis von Maine errichtet hat. Aber das einst prunkvolle Schloss mit seinen über 200 Zimmern ist heruntergekommen und der Rest der Familie, der in den historischen Gemäuern wohnt, macht einen nicht weniger desolaten Eindruck.

Nur mühsam hält Elizabeth (Michelle Pfeiffer) den Clan zusammen. Ihre Tochter Carolyn (Chloë Grace Moretz) pubertiert als Kind der Siebziger gewaltig vor sich hin. Bruder Roger (Jonny Lee Miller) scharwenzelt ambitionslos durchs Leben, und sein Sohn David (Gully McGrath) ist durch den Tod seiner Mutter so schwer traumatisiert, dass er von der Psychiaterin Dr. Julia Hoffman (Helena Bonham Carter) rund um die Uhr betreut werden muss.

Frisch hinzu gestoßen zur illustren Gesellschaft ist die junge Gouvernante Victoria (Bella Heathcote), die den zurückgekehrten Barnabas auf frappierende Weise an seine frühere Geliebte erinnert, welche sich von den Klippen am Widows Hill in die wild tobende See stürzte. Der Grund dafür war ein Fluch, der auf der Familie lastet, seit Barnabas der schwer verliebten Angelique (Eva Green) das Herz gebrochen hat. Im Zuge des schmerzhaften Trennungsprozesses erwies sich die ehemalige Geliebte als ebenso kompetente wie rachsüchtige Hexe.

Basierend auf der gleichnamigen US-Fernsehserie, die es von 1966 bis 1971 auf über 1200 Folgen brachte, entwirft Tim Burton mit Dark Shadows eine wunderbar skurrile Vampirkomödie, die genau das richtige Gegengift zur romantischen Bierernsthaftigkeit der Twilight-Filme bietet. .

Dabei bewährt sich die Konfrontation zwischen dem altmodischen Helden aus dem 18.Jahrhundert und der aus den Fugen geratenden Kultur der wilden Siebziger als äußerst tragfähiges Komödienkonzept. Von den Makramee-Arbeiten, die im Geheimgang aufbewahrt werden, über den sorgfältig ausgewählten Hippie-Soundtrack bis hin zu einem Gastauftritt von Alice Cooper auf dem Familienball werden das Aufeinanderprallen der Kulturen und der verdoppelte Retro-Effekt detailreich ausgelotet.

Dabei kommt Johnny Depp, der den Film auch mit produziert hat, als distinguierter Edelmann vor dem Hintergrund der verlotterten Flower-Power-Welt besonders gut zur Geltung, muss sich aber gelegentlich die Show von Eva Green als wahrhaft betörende Hexe stehlen lassen. In höchst lasziver Trikotage fegt Green durch diesen Film und wirft sich mit Verve in die Rolle der Magierin, die mit den Waffen und der Wut einer verschmähten Frau um das Herz ihres ehemaligen Geliebten kämpft. Das mündet in die wohl stürmischste Beischlafszene der Filmgeschichte, in der Vampir und Hexe auf leidenschaftliche Weise ihre Kräfte messen.

Martin Schwickert

USA 2012 R: Tim Burton B: Seth Graham-Smith K: Bruno Delbonnel D: Johnny Depp, Eva Green, Michelle Pfeiffer