DAYLIGHT


Dämmer- schoppen

Ein Unter Tage-Held für unsere Zeit

Was ist bloß mit Sly los?. Bloß weil er 50 geworden ist, fällt ihm jetzt die Action-Decke auf den Kopf? Und er läßt sich von einer Frau retten? 20 Jahre nach Rocky?
Doch halt: im ersten oscar-prämierten Boxer-Film der Neuzeit war Sylvester Stallone doch eigentlich auch nur zweiter Sieger - und sein Mädchen der vergessene Gewinner des moralischen Spitz-auf-Knopfs. So wie die beste Neben-Rollen-Schauspielerin im neuen Stallone-Film, dem evtl. endgültig letzten Action-Pack vor seinem mehrfach angekündigten Rückzug ins Charakterliche, nichtmal im Presseheft erwähnt wird. Wir erkennen sie zwar wieder, erinnern uns aber nicht an den Namen, unter all dem Dreck und der Sanitäter-Uniform, und den tatsächlich atemberaubenden Explosionen und Feuerwalzen im Holland Tunnel unterhalb New Yorks.
Am Ende muß sich Vater Sylvester (sein ältester Sohn spielt einen netten Knacki) von einer anderen jungen Frau den müden Kopf aus dem Hudson-Wasser hebeln lassen. Und vom exorbitant unfähigen Drehbuchteam den letzten Satz auf die besser am Gaumen klebende Zunge diktieren: "beim nächstenmal nehmen wir die Brücke". Pah, trockener Zynismus paßt nicht zu Sly. Aber durchfeuchtete Verlierer-Posen stehen ihm besser, als der ständig überforderte Regisseur Rob Cohen (Dragon / Dragonheart) vermutet.
Egal welche toughen Passagen der Held überwinden muß (die Motiv-Geschichte des Ventilators im Action-Film wird in Daylight um einiges reicher - auch wenn man genau diese Absicht arg deutlich sieht), am beeindruckensten ist Sly nicht in der Rolle (als Ex-Sub-Sani-Chef und Jetzt-Taxi-Fahrer mit Rettungs-Fehler-Leichen auf dem Gewissen) - sondern am Boden. "Ich weiß nicht, wie wir hier 'raus kommen" ist ein Satz, den wir Stallone niemals zugetraut hätten. Dem ewigen Ersten im Körper-Kino, Arnold S., geht sowas nichtmal in Komödien über die gestählten Lippen. Sylvester, in solchen Szenen erfüllst du die Hoffnungen, die du in Assassins wecktest.
Obwohl der Film als Ganzes alle Hoffnungen zerschlägt. Rob Cohen gibt in Intervies gerne zu, daß Die Höllenfahrt der Poseidon sein erstes Kinoerlebnis war; aber muß er deshalb Dreiviertel aller Plot-Points daraus nachbauen? Und einem netten Neger das Genick brechen, nur um eine Szene à la Einsame Entscheidung damit nachzubauen?
Daylight funktioniert, wenn man ein Dutzend bessere Action- und Katastrophen-Filme im Kopf hat; aber genau dann macht Daylight kaum noch Spaß. Bis auf die Spannung, zu beobachten, wie tief die ehemalige City Cobra noch in den schlammigen Grund der Fakten sink, bevor Sly sich am starken Arm dann doch wieder herauszieht. Als Film ist Daylight eine Katastrophe an Unlogik, Unoriginalität und Unverhältnismäßigkeit (das Unglück ist umwerfend, die Rettung vergleichsweise ruckelig) - aber als Dokument des Helden-Downtrades wertvoll.

WING