DER TAG, AN DEM DIE ERDE STILLSTAND

Alle Mann an Bord!

Keanu Reeves ist schon wieder als Erlöser unterwegs

Als Robert Wise 1951 Der Tag, an dem die Erde stillstand in Szene setzte, geschah das vor allem unter dem Eindruck des vorangegangenen Weltkrieges. Hiroshima war gerade einmal sechs Jahre her, und die Supermächte drohten einander erneut mit nuklearer Zerstörung. Da passte die Geschichte einer außerirdischen, intergalaktischen Friedensmacht, deren Roboter die Erde vor dem zerstörerischen Menschengeschlecht retten wollen, gut ins pessimistische Weltbild.

Nun hat Regisseur Scott Derrickson den Science Fiction-Klassiker für das neue, nicht weniger pessimistische Jahrtausend adaptiert. In der modernisierten Version sind es nicht die kriegerischen Handlungen der Menschen, sondern deren umweltzerstörerisches Tun, das intergalaktisches Eingreifen erfordert. Keanu Reeves spielt Klaatu, ein Hi-Tech-Organismus in Menschengestalt, der auf die Erde gesendet wird, um der Menschheit eine letzte Abmahnung zu zuzustellen, bevor mit ihrer Auslöschung begonnen wird.

Natürlich haben die politischen Führer vertreten durch die US-Verteidigungsministerin Jackson (Kathy Bates) nichts Besseres zu tun, als den außerirdischen Eindringling zu drangsalieren und den riesigen Roboter, der ihn begleitet, in eine unterirdische Militärbasis zu verfrachten.

Das entspricht voll und ganz dem Negativ-Image, das sich jene höhere Macht ohnehin schon von der Humanbevölkerung gemacht hat, und so wird die Operation zur Rettung der Erde und zur Zerstörung der menschlichen Zivilisation in Gang gesetzt. Der Countdown läuft, während die Wissenschaftlerin Helen Benson (Jennifer Connelly) mit ihrem aufgeweckten Stiefsohn Jacob (Jaden Smith) den Botschafter aus dem All davon zu überzeugen versucht, dass die Menschheit an und für sich schwer in Ordnung ist und im Angesicht der Krise das Ruder zur Erdenrettung noch einmal herumreißen kann. Klaatu, den Keanu Reeves mit seinem üblichen Steingesicht eine unbestechliche Gestalt verleiht, lässt sich nur ganz laaangsam von den menschlichen Qualitäten überzeugen.

Derrickson hat den eher nüchternen Science Fiction-Klassiker zu einem biblischen Hi-Tech-Drama ausgebaut. Es wimmelt nur so von religiösen Referenzen. Keanu Reeves kommt als Lichtgestalt und schlecht gelaunter Messias auf die Erde nieder. Wie sein Vorgänger vor zweitausend Jahren kann auch Klaatu im Nullkommanichts Wunden heilen und Totgeglaubte zum Leben erwecken. Mit Sicherheit könnte er auch über Wasser gehen, wenn er Gelegenheit dazu hätte. Überall auf der Erde landen Raumschiffe und sammeln in bester Arche-Noah-Tradition Tiere und Pflanzen ein. Riesige Wolken von kleinem Hi-Tech-Ungeziefer ziehen wie die biblischen Heuschreckenschwärme über das Land, um die menschliche Zivilisation in Sekundenschnelle aufzufressen.

Letztlich ist es die gute, alte Nächstenliebe, die Klaatu von der Reformierbarkeit des Menschengeschlechtes überzeugt.

Martin Schwickert

The Day the Earth Stood Still USA 2008 R: Scott Derrickson B: David Scarpa K: David Tattersall D: Keanu Reeves, Jennifer Connelly, Jaden Smith