DIE WELT IST GROSS UND RETTUNG LAUERT ÜBERALL

Heimat, süße Heimat

Mit dem Fahrrad in die sozialistische Vergangenheit

Als der Großvater ihn im Hospital besucht und in die Arme schließen will, klingelt Alexander nach der Krankenschwester. Nach einem Autounfall, bei dem Vater und Mutter getötet wurden, hat Alexander (Carlo Ljubek) sein Gedächtnis verloren. Er erkennt seinen Großvater, der aus Bulgarien angereist ist, nicht wieder. Aber Bai Dan (Miki Manojlovic) gibt nicht auf, besucht den Enkel täglich und scheucht ihn schließlich aus dem Krankenhausbett. Per Tandem geht es zurück in die Heimat.

Die Heimat - das ist immer noch Bulgarien, obwohl Alexander vor mehr als zwanzig Jahren mit seinen Eltern in den Westen geflohen ist. Und während auf der Radtour von Leipzig über die Alpen die Erinnerungen langsam zurückkehren, erzählt der Film in sepiafarbenen Rückblenden von der Herkunft und Kindheit im sozialistischen Bruderstaat, in dem der Opa als Querdenker schikaniert und der Schwiegersohn als Spitzel auf ihn angesetzt wird. Mitte der Achtziger flüchtet die junge Familie ohne die Großeltern nach Italien, verbringt dort mehrere Jahre in einem unwirtlichen Aufnahmelager, und landet schließlich in Deutschland, wo die Ehe der Eltern schon bald zerbricht.

In seiner Erzählweise recht überschaubar geraten, wird in Komandarevs Adaption von Ilija Trojanows Roman die Reise zurück zu den familiären Wurzeln zum Fundament der wiedergefundenen Identität. Das deutsche Exil wird in kalte Blau- und Grautöne getaucht, während die nostalgischen Heimaterinnerungen in warmen Farben wie ein Kaminfeuer lodern.

Als überdeutliche Metapher für den wendungsreichen Verlauf des Lebens wird das Backgammon-Spiel herangezogen, in dem es der Großvater zu wahrer Meisterschaft gebracht hat. Das Leben ist eine Melange aus Glück und eigenem Können - so lautet die mehrfach variierte Botschaft des Films, der nur wenig vom Humor und der Verstiegenheit der Romanvorlage retten konnte.

Dass der Film die Sympathien des Publikums bindet, liegt vor allem an Miki Manojlovic - einem Veteranen aus den Filmen Emir Kusturicas, der seine Figur mit einem dezent anarchistischen Charme ausstattet. Sicherlich ist Die Welt ist groß und Rettung lauert überall ein Film, der das Herz am rechten Fleck hat. Allerdings ist er zu sehr auf seinen Feel-Good-Charakter bedacht, um das Publikum nachhaltig zu berühren.

Martin Schwickert

Svetat e golyam i spasenie debne otvsyakade Bul./D/I/Slow. 2007 R:Stephan Komandarev B: Stephan Komandarev, Dusan Milic, Yuri Datchev nach einem Roman von Ilija Trojanow K: Emil Christov D: Miki Manojlovic, Carlo Ljubek, Hristo Mutafchiev