Django Unchained

Siegfrieds schwarzer Bruder

Quentin Tarantino mischt den Western auf

Um nach all den Begeisterungsstürmen und der vorzeitigen Ausrufung Tarantinos als besten Regisseur mal wieder auf den Boden zurückzuholen: Django Unchained ist ein netter, witziger Western mit Überlänge, geschrieben von einem, der sich in den Pop-Mythen auskennt (wozu seit Tarantinos längerem Deutschlandaufenthalt auch die Siegfried-Sage gehört) und diese Mythen unterhaltsam neu zusammensetzen kann. Er kann einen deutschen Zahnarzt als Revolverhelden einführen, der einem schwarzen Sklaven die Sage von Siegfried und Brunhilde erzählt, bis der Schwarze (und wir) glauben, was sich hier abspiele, sei eine Dust & Dirt-Variante von Brunhildes Errettung; damit auch der Dümmste im Publikum das merkt, heißt die schwarze Sklavin, die errettet werden muss, "Broomhilda von Shaft" (noch so eine witzige Anspielung).

Die Rolle des Drachen übernimmt dabei Leonardo DiCaprio, der das nicht schlecht macht, und der Anlass, all dies zu erzählen, ist Tarantinos frisch entdeckter Abscheu vor der Sklaverei-Geschichte der USA; er hätte ja die klugen Geschichtsbücher auch zu Beginn seiner Karriere lesen können, aber da arbeitete Tarantino gerade in einem Porno-Kino und hatte keine Zeit für Bildung.

Die Drastik, mit der hier das Sklavensystem vorgeführt wird, ist dabei ehrenwert und schützt Tarantino vor Vorwürfen, das Thema nur ausbeuten zu wollen. Hier gibt's nicht nur die gut gewachsene schwarze nackte Sklavin (frisch geschändet) sondern auch die (offenkundig gekürzte) Szene, in der ein entlaufener Sklave von Hunden zerrissen wird.

Tarantino-Fans erwarten bestimmte Blut-Orgien, weshalb der bis dahin eigentlich recht friedlich dahindümpelnde Film am Ende in einem endlosen Gemetzel mündet, das, wie so vieles in diesem Film, recht schlampig inszeniert wurde. Überhaupt ist erstaunlich, wie unbeholfen manche Szenen wirken, wie wohl gekürzt wurde, aber so, dass deutlich zu erkennen ist, dass Szenen fehlen. Und dass Tarantino als Drehbuchautor irgendwann keine Lust mehr hatte, die doch recht dünne Geschichte ordentlich aufzulösen und deshalb eine seiner Hauptfiguren sinnlos entsorgt und seinem Film gleicht drei Enden verpasst.

Was bleibt, ist ein Fest für Christoph Waltz, der als schießtoller Zahnarzt Dr. King Schultz eine Schau ist (und den wie immer schlecht gelaunten und uncharismatischen Jamie Foxx locker an die Wand spielt). Und eine Fülle von drolligen Spielereien mit dem Genre. Etwa wenn Franko Nero, der Ur-Django, in einem Kleinstauftritt neben dem schwarzen Django an der Theke steht und sagt "Wie war der Name?" Und Foxx antwortet "Django; das 'D' ist stumm." "Ich weiss", sagt Nero.

Thomas Friedrich

USA 2012 R & B: Quentin Tarantino K: Robert Richardson D: Jamie Foxx, Christoph Waltz, Leonardo DiCaprio, Samuel L. Jackson, Don Johnson, Bruce Dern