Doktorspiele

Verliebte Jungs

Die Rückkehr der albernen Teenie-Komödie

Im Jahr 2000 legte der damals 25jährige Marco Petry mit Schule sein Regiedebüt vor, in dem er eine Clique von angehenden Abiturienten an der Schnittstelle zu einem neuen Lebensabschnitt portraitierte. Unbekannte Neueinsteiger wie Daniel Brühl und Lavinia Wilson wurden damals dem Kinopublikum vorgestellt.

Aber im Gegensatz zu seinen Darstellern scheint sich Petry nur wenig weiterentwickelt zu haben. Zumindest will ihn das Thema Spätpubertät auch in seinem neuen Film nicht loslassen. Mitten hinein in den hormonellen Ausnahmezustand männlicher Adoleszenz begibt sich die Komödie, die sich deutlich an Klamaukvorbildern wie American Pie oder Eis am Stiel orientiert.

Andi und sein bester Kumpel Harry sind den heranbrandenden Testosteronschüben wehrlos ausgesetzt, aber von ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht noch weit entfernt. Die Mädchen wollen von den linkischen Jungs nichts wissen, deren sexuelle Vorkenntnisse sich allein aus dem intensiven Studium pornografischer Filme speisen. Andi ist in die blonde Diva Katja verliebt, aber die hat nur Augen für den schmucken Bobby. Ohnehin wurde Andis männliches Selbstbewusstsein schon in früher Kindheit gekränkt, als Sandkastenfreundin Lilli sich beim Doktorspielen über seinen kleinen Schniedel lustig machte. Als Lilli ihn, jetzt in voller weiblicher Blüte, während der Sommerferien besucht, sind bei aller Vertrautheit die traumatischen Erlebnisse nicht vergessen. Und so wird Andi zwischen Selbstzweifel, der Verliebtheit zur schönen, eitlen Katja und der neu erwachenden Freundschaft zu Lilli hin und her gerissen.

Während die Handlung der romantischen Teeniekomödie überraschungsfrei im Ententeich der Vorhersehbarkeit herumdümpelt, verlässt sich Petry, der hier den Jugendroman von Jaromir Konecny adaptiert, auf das magere Pointenpotenzial seiner Geschichte. Dafür muss sich der besoffene Andi auf der Party nach einem romantischen Ständchen über seiner Angebeteten erbrechen, ein Eigenheim beim demonstrativen Verbrennen der Pornosammlung fast in Flammen aufgehen und ein Wandschrank beim Masturbieren auf dem Badewannenrand mehrfach zu Bruch gehen.

Dabei gefällt sich Doktorspiele viel zu gut in der Pose pubertärer Enthemmung. Aber Krass-Sein allein ist kein Programm, und was Petrys kommerziellem Komödienkalkül fehlt, ist der Sinn fürs Atmosphärische, mit dem sich sein Debüt Schule seinerzeit deutlich vom Genre-Einerlei abgrenzte.

Nur in wenigen Momenten geht Doktorspiele über eine lieblose Nummernrevue hinaus und die sind allein Hauptdarsteller Merlin Rose zu verdanken, der in kurzen ruhigen Momenten die schlaksige Melancholie des Teenagerdaseins durchscheinen lässt.

Martin Schwickert

D 2014 R: Marco Petry B: Marco Petry, Jan Ehlert nach dem Roman von Jaromir Konecny D: Merlin Rose, Lisa Vicari, Maximilian von Groeben. 96 Min.