DOMINO

Wildes Leben
Keira Knightley haut auf den Putz

Gerade lustwandelte Miss Knightley in Stolz und Vorurteil in wallenden Gewändern durch englische Gärten, jetzt steht sie als Kopfgeldjägerin mit der Knarre in der Hand einer Meute von Gangstern gegenüber. Die ausweglose Situation wird von der Heldin souverän gelöst. Statt des zu erwartenden Blutbads bietet sie dem Gang-Chef einen Lap-Dance im Tausch gegen die notwendigen Informationen an.
In Tony Scotts Domino darf Knightley ein richtig böses Mädchen spielen. Doch trotz punkiger Frisur und gruftigem Make-Up kommt die britische Schauspielerin nur halb so hartgesotten rüber wie es Scotts Story vorsieht. Domino orientiert sich am Leben von Domino Harvey, Tochter des Schauspielers Laurence Harvey und dem Vogue-Model Pauline Stone, die ihre privilegierte, gutbürgerliche Existenz aufgab, um dem riskanten Handwerk der Kopfgeldjägerin nachzugehen.
Die fiktionalisierte Biografie hält sich nicht lange mit Psychologisierungen der jungen Rebellin auf, sondern zelebriert ihr kurzes und aufregendes Leben als durchgeknalltes Action-Movie. Ausgehend von einem Verhör durch eine FBI-Agentin (Lucy Liu), verfolgt der Film in einer wilden Rückblendendramaturgie die gewalttätige Karriere der Heldin, die sich nach etlichen Internatsaufenthalten und kurzen Laufstegerfahrungen dem Kopfgeldjäger Ed Mosbey (Mickey Rourke) anschließt und später sogar zum Star der Branche avanciert.
Scott hat sich für eine rüde, hektisch geschnittene, nicht chronologische Erzählform entschieden, die dem adrenalingeschwängerten Lifestyle der Heldin gerecht werden soll. Der Versuch, einem Gangsterkollektiv die millionenschwere Beute abzujagen, endet in einem blutigen Wohnwagenmassaker. Da wird einem Banditen schon einmal bei lebendigem Leibe der Arm abgeschossen. Schließlich ist dort die Zahlenkombination des Safes drauf tätoviert, und Stift und Papier waren offensichtlich gerade nicht zur Hand.
Aber Scott ist eben nicht Tarantino, sein Ausbruchsversuch aus dem Gefängnis filmischer Konventionen verpufft als bloße Attitüde. Ebenso wenig hat Scott den intellektuellen Impetus von Oliver Stone, dessen Natural Born Killers samt Medienkritik hier als Stilvorlage diente. Selten hat man einen Film gesehen, der so aufgeregt daherkommt und in all seinem Streben nach Hippness doch nur dröhnende Langweile verbreitet.

Martin Schwickert
USA 2005 R: Tony Scott B: Richard Kelly K: Daniel Mindel D: Keira Knightley, Mickey Rourke, Edgar Ramirez. Bundesstart: 29.12.05