THE DOORS - WHEN YOU'RE STRANGE

Angestrengtes Geplapper

Ein Dokumentarfilm der sich wichtiger nimmt als seien Gegenstand

Da kann Mick Jagger mit seinen 67 Lebensjahren noch so viril wie fleischgewordenes Viagra über die Bühne turnen - die wahren mythischen Figuren der Rockgeschichte der wilden siebziger Jahre sind die Toten: Janis Joplin, Jimi Hendrix und natürlich Jim Morrison. Nachdem Oliver Stone dem Frontman und seiner Band in The Doors (1991) ein Kinodenkmal gesetzt hat und für seine Fiktionalisierung von einigen Musikern der Gruppe gerügt wurde, greift der Filmemacher Tom DiCillo nun zum Mittel der Dokumentation, um das Phänomen "The Doors" in den Griff zu bekommen. Dabei verwendet er ausschließlich zeitgenössisches Originalmaterial, Konzertmitschnitte, Interviews und Teile eines Experimentalfilmes, den Morrison höchstpersönlich und natürlich mit sich selbst in der Hauptrolle gedreht hat.

Wenigstens das lässt sich in punkto Entmythologisierung festhalten: ein Filmemacher ist an Jim Morrison, der 1971 im Alter von 27 Jahren in der Badewanne seines Pariser Hotelzimmers gestorben ist, nicht verloren gegangen. Das Material, das DiCillo zusammenträgt, ist durchaus spannend, vor allem die Backstage-Aufnahmen und die Konzertmitschnitte aus der Perspektive der Musiker, die regelmäßig durch einem Polizeikordon von dem tobenden Publikum getrennt waren.

Weniger erhellend ist allerdings - auch wenn er von Johnny Depp eingesprochen wird - der angestrengte Off-Kommentar DiCillos, der dem Phänomen "The Doors" keine neuen Erkenntnisse abringt und sich oft in poetische Plattitüden flüchtet wie etwa "You can't burn out if you were never on fire".

DiCillos eher brave chronologische Nacherzählung der Bandgeschichte, die ihre zeithistorische Einordnung mit todzitierten Nachrichtenbildern aus der Anti-Vietnam- und Bürgerrechtsbewegung anreichert, versäumt die Chance, aus dem historischen Abstand heraus einen neuen Blick auf die Kultband zu werfen, deren Musik heute noch - und auch in diesem Film - eine solch tiefes Gefühl des Aufbegehrens ausstrahlt.

Weder die Musiker Ray Manzarek, Robby Krieger und John Densmore, noch andere Zeitzeugen kommen zu Wort. Ihre retrospektive Betrachtung auf die eigene Geschichte hätte uns mehr interessiert, als DiCillos Hohelied-Geplapper auf die wildeste Band der gar so wilden siebziger Jahre.

Martin Schwickert

USA 2009 R&B: Tom DiCillo K: Paul Ferrara