DORFPUNKS

Rebellion ins Leere

Die Verfilmung des Schamoni-Romans besitzt Witz und Atmosphäre

Der Rest Bier kommt am Morgen in die Haare. Schließlich sollen die allen Witterungen und gesellschaftlichen Konventionen zum Trotz in die Luft stehen.

Punk zu sein in der norddeutschen Provinz der achtziger Jahre - das war nicht einfach. Die richtige Action ist in den großen Städten abgegangen - Berlin. Hamburg, ganz zu schweigen von London. Malte (der sich erst seit kurzem Roddy Dangerblood nennt) und seine Freunde hängen meistens im Wald ab. So wie sie es schon als Kinder getan haben. Nur eben mit Bierdosen und einer anderen Verkleidung. Ab und zu geht's nach Schmalenstedt in die Fußgängerzone. Man muss sich ja mal sehen lassen. "Sonst denken die Spießer, sie haben gewonnen."

Lustlos quält sich Roddy (Cecil von Renner) durch seine Töpferlehre, während der blasse Sid (Pit Bukowski) von der Weltrevolution träumt und Flo (Daniel Michel) Ärger mit seinem Vater hat, weil der Trecker wieder einmal kaputt ist. Aber dann kommt die rettende Idee: "Wir gründen eine Band." Die paar Akkorde hat man schnell drauf, und für einen Revolutionär wie Sid sind aufrührerisch herausgebrüllte Songtexte kein Problem. Beim ersten Konzert werden sie zwar von der Bühne gepfiffen, aber was kann man als Punkband mehr wollen?

Nach dem Roman von Rocko Schamoni hat Lars Jessen einen Film über das schwere Dasein der Punk-Jugend auf dem Lande gedreht. Dabei erweist sich die eigentliche Ereignislosigkeit in der Provinz als Hauptproblem der jugendlichen Rebellen. Für die Bambule müssen die Jungs schon selbst sorgen - sei es durch die Verwüstung eines Eigenheimes bei der Geburtstagsparty einer Freundin oder mit einem volltrunkenen Schlauchbootausflug auf der nebligen Ostsee.

Ab und zu gibt es von den ortsansässigen Neonazis eins aufs Maul. "Ihr seid eine Schande für Deutschland" wird Roddy von einem ehemaligen Klassenkamerad angebrüllt, der in der dritten Klasse sitzen geblieben ist. Man kennt sich, aber das schützt vor Schlägen nicht.

Kameramann Michael Tötter schreckt nicht vor paradiesischen Postkartenmotiven aus der frühsommerlichen Holsteinischen Schweiz zurück. Vor deren Hintergrund erscheinen die Punks mit ihren schwarzen Nietenlederjacken wie Außerirdische, obwohl die Jungs doch eigentlich tief mit ihrer Heimat verwurzelt sind. Es ist schwer in dieser ländlichen Idylle zu rebellieren, besonders wenn die Eltern sich auch noch in der Friedensbewegung engagieren. Aber es ist immer einen Versuch wert - und den beschreibt Dorfpunks auf eine ebenso unterhaltsame wie melancholische Weise.

Martin Schwickert

D 2009 R: Lars Jessen B: Norbert Eberlein nach einem Roman von Rocko Schamoni K: Michael Tötter D: Cecil von Renner, Ole Fischer, Pit Bukowski