ECLIPSE - BISS ZUM ABENDROT

Bite me!

Seit »Vom Winde verweht« wurde im Kino nicht mehr so geschmachtet

Sehnsucht ist der Stoff, der das Kino antreibt, und das Begehren ist weitaus fotogener als die Erfüllung. Seit Vom Winde verweht wurde auf der Leinwand nicht mehr derart ausgiebig geschmachtet und die bewährte Triebstaudramaturgie, die alle großen Liebesgeschichten antreibt, in vollen Zügen ausgekostet. In dritter Folge scharwenzeln nun schon die schöne Bella (Kristen Stewart) und der schmucke Vampir Edward (Robert Pattinson) umeinander herum. Dabei war schon von dem ersten Blickkontakt durch die Fenster der Schulkantine ihre riesengroße, unumstößliche Liebe besiegelt.

Aber - und dieses erzieherische Motto begleitet als unsichtbare Dauereinblendung alle drei Filmepisoden - Liebe bedeutet auch Verantwortung! Das gilt für die Vampirbeziehungen im besonderen Maße. Denn mit dem unausweichlichen Biss in die Halsschlagader wird die Geliebte von ihrer sterblichen, menschlichen Existenz direkt ins ewige Leben als Untote katapultiert.

Eine solche Entjungferung will wohl überlegt sein und im dritten Teil wird das ausufernde Ränkespiel zwischen Edward und Bella durch amouröse Alternativangebote deutlich erschwert. Mit blankem austrainierten Oberkörper und gut modelliertem Waschbrettbauch wirbt Jugendfreund Jacob (Taylor Lautner) um das Herz der angehenden Vampirdame. Seine Argumente sind nicht nur in optischer Hinsicht durchaus stichhaltig, denn Jacob offeriert Bella ein Leben an seiner Seite, für das sie ihr menschliches Dasein nicht aufgeben muss. Gleichzeitig ist der warmblütige Indianerjüngling kein langweiliger Normalo, sondern kann sich bei Bedarf in einen Werwolf mit kraftvollen Beschützerinstinkten verwandeln.

Werwolf-Squaw oder Vampirgattin? Da fällt die Wahl schwer. Aber Bella wäre nicht Bella, wenn sie nicht an der Unumstößlichkeit ihrer Gefühle festhalten würde, auch wenn der willensstarke Edward vorehelichen Verkehr und eine Hochzeit vor dem High-School-Abschluss strikt verweigert.

Der sexuellen Stagnation wird in Eclipse eine Actionhandlung gegenüber gestellt, in der ein Heer von kampfeslustigen Nachwuchsblutsaugern gegen Edwards menschenfreundliche Vampirfamilie mobil macht und Bella nach dem Leben trachtet, wodurch sich Jacob und Edward kollaborierend als Beschützer profilieren können.

Mit David Slade (Hard Candy/30 Days of Night) hat für die dritte Filmfolge von Stephenie Meyers Vampir-Saga ein ausgewiesener Horrorfilm-Spezialist die Regie übernommen. Und so kommt Eclipse ein wenig düsterer und actiongeladener daher als seine Vorgängerfilme, wodurch wohl auch das junge männliche Publikum ins Kino gelockt werden soll. In bewährter Pendeldramaturgie werden romantische Problemgespräche mit blutigen Kampfsequenzen aufgelockert. Das langgestreckte Finale inszeniert Slade in den Bergen hoch über Forks und verwandelt die pittoreske Landschaft in eine digital übermalte Fantasy-Kulisse.

Martin Schwickert

The Twilight Saga: Eclipse R: David Slade B: Melissa Rosenberg nach dem Roman von Stephenie Meyer K: Javier Aguirresarobe D: Kristen Stewart, Robert Pattinson, Taylor Lautner