AN EDUCATION

Frühstück bei Hornbys

Mädchenhafte Bildungserlebnisse in den englischen 60ern

Jenny ist 16 und gut in der Schule. Sie liebt Kunst und Literatur, spielt Cello und schämt sich ein bisschen wegen ihres kleinbürgerlichen Elternhauses. Dort investiert der strenge Vater sein bisschen Geld in Jennys Ausbildung und seine Karrierepläne. Man muss Cello spielen, weil das gut im Lebenslauf aussieht. Aber man muss nicht üben, weil man ja eh keine Cellistin wird, sondern in Oxford studieren soll. Dummerweise reichen Jennys Lateinnoten nicht ganz für den Studienplatz.

David ist deutlich älter als Jenny, aber mit seinem jungenhaften Charme, seinem teuren Auto und einem Lebensstil voller Sekt und Jazzclubs bezaubert er die ganze Familie. Jenny sieht, wie das gute Leben funktioniert, Jennys Vater sieht den Aufstieg seiner Tochter kurz bevorstehen.

Eine Zeitlang schwebt alles wunderbar leicht dahin. Alfred Molina macht sich als Kuppler-Vater vorsichtshalber keine Gedanken, wenn David Jenny auf ein Wochenende nach Oxford mitnehmen will. Jenny macht sich keine Gedanken, wenn David am Rande ihrer Rendezvous sehr seltsame Geschäfte abwickelt. Und David ist hinreißend und rücksichtsvoll, wenn er Jenny in eine zweite Audrey Hepburn verwandelt und sie nicht zum Beischlaf drängt.

Aber das Glück ist nicht von Dauer. Erstens, weil die Geschichte auf den Jugenderinnerungen der britischen Journalistin Lynn Barber beruht, die ihre Schulkarriere mit einem älteren Mann ruinierte. Vor allem aber, weil Nick Hornby das Wohlfühl-Zeittheater noch in ein Drama kippen und ein gutes Ende dranerfinden muss. Deshalb wird es gegen Ende etwas hektisch. Man diskutiert ein bisschen, wozu eine gute Ausbildung eigentlich gut ist, vor allem für Frauen. Man kritisiert ein bisschen, dass ein guter Lehrer Spaß vermitteln können muss. Man leidet ein bisschen, die Tochter dem Teufel zugeführt zu haben.

All das amüsiert durchaus. Die Bilder sehen gut aus, die Schauspieler sehen gut aus, die Witze funktionieren. Aber warum ist David ein Jude? Warum ist er nicht nur ein Herzensbrecher sondern gleich ein "Kulturverderber"? Warum hat er hinter der charmanten Fassade plötzlich eigenartige Vorlieben im Bett? Ist es Kritik, dass sich im Film nur die Personen offen antisemitisch "ußern, die gerade in Ungnade gefallen sind? Oder ist es Perfidie, etwa den Vater nach einem Judenwitz ins Stammeln geraten zu lassen, weil David auftaucht, bei dem er Eindruck machen will?

Wing

GB 2009. R: Lone Scherfig B: Nick Hornby K: John de Borman D: Carey Mulligan, Peter Sarsgaard, Alfred Molina, Emma Thompson