EINSAME ENTSCHEIDUNG


It thrills!

Endlich mal wieder gutes Action-Kino!

Ja, wäre gut, mal wieder einen guten Action Streifen zu Gesicht zu bekommen. Wenn möglich, mit einer halbwegs erträglichen Handlung, bei der man nicht schon nach zehn Minuten denkt: Hoffentlich ist das bald zu Ende. In dieser Richtung war in letzter Zeit nicht viel los, höchstens Enttäuschungen (Broken Arrow von John Woo).
Wenden wir uns also dem Film Einsame Entscheidung zu. Woll'n mal sehen, was wir da haben. Da wäre als erstes ein CIA-Analytiker, den die Regierung von einer Party wegruft und der fortan, bis zum Ende des Films, nicht mehr aus seinem Smoking rauskommt. Ferner hätten wir da einen Spezialisten für's Bombenentschärfen, der, bevor es richtig losgeht, durch einen gebrochenen Halswirbel ziemlich unsanft an der Ausübung seines Jobs gehindert wird. Dazu kommen noch: Ein ziemlich nervöser Ingenieur, der sich laufend fragt, wie er nur in den ganzen Schlamasel reingeraten konnte, eine mutige Stewardess (Halle Berry), die im letzten Drittel des Films zu wahrer Höchstform aufläuft, ein paar Elitesoldaten, die, ihres Komandeurs beraubt, zuerst einen etwas ratlosen Eindruck machen. Ferner wären da noch ein Jumbo-Jet, eine hochkomplzierte Bombe, Nervengas, vierhundert Passagiere und eine Handvoll Terroristen, die das Flugzeug kidnappen. Hab' ich noch was vergessen? Ach ja, Steven Seagal, macht aber nichts, denn der ist nur eine Mogelpackung am Rande. Nach einer halben Stunde verabschiedet sich der gute Steven nämlich schon wieder und segnet das Zeitliche. Wunderbare Idee, es sollte Weissgott nicht die letzte in diesem Film gewesen sein. Tja und auch wenn sich das Szenario zuerst wie aus einem typischen "Oh nein nicht schon wieder" Film anhört, kommt alles doch ganz anders. Mit einer Coolness wie so schon lange nicht mehr gesehen, werden selbst die hahnebüchensten Ideen des Drehbuches plausibel umgesetzt. Wie bekommt man ein Elite-Kommando unbemerkt in einen Jumbo, der sich in zehntausend Meter Höhe befindet? Schick einen Tarnkappen-Bomber hoch, bau eine Saugvorrichtung und jag die Jungs durch den Schlauch in den Jumbo! Das kann natürlich nicht klappen, auch im Film nicht. Und weil diese Aktion so schief geht, wird die Situation geschaffen, die uns die nächsten zwei Stunden an den Nägeln kauen läßt. Schweiß fließt, und das nicht nur bei den Protagonisten. Wieviele Terroristen sind an Bord? Wo ist der Anführer? Bloß nicht entdeckt werden, also vorsichtig! Der Funkkontakt mit Washington ist abgebrochen, die werden die Maschine abschießen, sobald sie amerikanisches Hoheitsgebiet erreicht. Die Bombe muß gefunden werden, sonst kann man die Terroristen nicht ausschalten. Überhaupt die Bombe. Ein Wunderwerk modernster Technik, gekoppelt mit Behältern voll mit Nervengas, genug um die ganze Ostküste der USA zu verseuchen. Explodiert, sobald der Flieger aufsetzt. Intelligent ist sie auch noch, hier eine Sicherung, da eine Falle, immer wenn man denkt, sie ist entschärft, tickt sie weiter, Teufel auch! Da müssen jede Menge Leben gerettet werden, auch das eigene, um das hat man nämlich auch ganz schön Angst. Keine leichte Aufgabe für einen Analytiker (sehr gut: Kurt Russel), der eigentlich nur für's Denken bezahlt wird. Hat mit dem Ausführen seiner Ideen noch nie was zu tun gehabt, das haben immer andere für ihn gemacht. Probleme über Probleme. Auf manch überraschende Wende gibt der Film schon am Anfang kleine Hinweise, die aber nicht im mindesten erahnen lassen, was da noch auf einen zukommt. Naja, vielleicht doch ein bißchen, aber das tut der Spannung keinen Abbruch. Im Gegenteil: Ist der Jumbo erstmal in der Luft, wird die Schraube gaaanz langsam und unbarmherzig angedreht, bis zur letzten Minute des Films gibt es keinen Leerlauf mehr und der verdutzte Zuschauer selber nur noch ein Nervenbündel ist und sich an den Sessel krallt. Das gelingt aber nur, weil hier nicht ausschließlich die Gewaltkarte gespielt wird. Das Motto heißt Thrill! Die Details sind wichtig. Lautlos in die Decke gebohrte Löcher, zerkaute Strohhalme oder eine Passagierliste, die rechtzeitig beiseite geschafft wird. Das klingt vielleicht für einige zu sehr nach McGyver, ist aber in Wirklichkeit eher Juggernaut (ein astreiner Film aus den siebzigern, in dem es um eine Bombe auf einem Passagierschiff geht), und außerdem werd ich hier doch nicht den ganzen Film erzählen. Einsame Entscheidung ist allerbeste Unterhaltung, Spannungskino der gehobenen Art, mit guten Dialogen, tollen Bildern und einer unverbrauchten Schauspielercrew.

Mirko Puzic