ERBARMEN

Die Dänen kommen

Jussi Adler-Olsen holt den Schwedenkrimi etwas näher. Und das ZDF bringt ihn ins Kino.

Da kann man schon etwas durcheinanderkommen, wenn sich am Anfang mehrere Leute schießen, einer tot umfällt, ein zweiter schwer getroffen den ganzen Film über nicht aus dem Krankenbett auftsteht und der dritte bei allen Kollegen unten durch ist. Carl M›rck hat einen Kripo-Einsatz verpudelt und es auch sonst nicht leicht, wie man sich aus knappsten Bemerkungen zusammenreimen muss. Nur später spuckt er einmal kurz seine Seele aus: "Meine Frau hat mich verlassen, ein Kollege ist tot und mein Partner ist jetzt ein Krüppel." Außerdem regnet es ständig und Regisseur Mikkel N›rgaard scheint absichtlich am Licht zu sparen. Was das ZDF nicht hinderte, kozuproduzieren.

Außerdem spart er an Hinweisen, warum der in den Aktenkeller strafversetzte M›rck, statt kalte Fälle zu sortieren, ausgerechnet dem einer jungen Politikerin nachgeht, die vor fünf Jahren von einer Fähre gesprungen sein soll. Mit seinem neuen Assistenten, einem aus Syrien eingewanderten Araber ("Assad, nicht Hassan") bildet er widerwillig das Team der Unbeliebten und besichtigt die Fähre, weil er nicht an Selbstmord glaubt. Während Carl und Assad sich Buddy-typisch zusammenraufen, obwohl der eine den Kaffee des anderen nicht mag, zeigt Drehbuchautor Nikolaj Arcel, der schon an der hochgelobten schwedischen Verfilmung von Stieg Larssons Verblendung mitschrieb, wie man eine ziellose Ermittlung spannend macht. Während die Polizisten in der Gegenwart die Akten vor Ort wälzen, zeigen Rückblenden, was damals wirklich geschah. Wenn auch nur stückchenweise.

So kommen wir bald darauf, dass die Verschwundene damals nicht in den Tod sprang oder einfach über Bord fiel, sondern von einem Psychopathen entführt wurde, der sie seit Jahren in einem Keller eingesperrt hält und quält. Warum und wo und ob die Cold-Case-Ermittler sie retten können, bevor der Böse seine lange angekündigte Hinrichtung wahr macht, treibt Erbarmen ebenso konventionell wie atemlos über die Zeit. Natürlich steckt ein Kindheitstrauma dahinter, natürlich wird es dann doch eher blutig als psychologisch stimmig, aber immerhin kriegt der undänische Moslem nicht nur Beiseite-Szenen zum alltäglichen Rassismus, sondern auch eine wichtige Funktion als Gegengewicht zu seinem verbitterten Chef.

Jussi Adler-Olsen schrieb bis jetzt schon vier Fortsetzungen mit diesem Team. Sein deutscher Verlag gab ihnen allen larssoneske Einwort-Titel (Schändung, Erlösung, Verachtung, Erwartung), wohingegen der Film zum Startband den dänischen Originaltitel beibehielt (Frau im Käfig) und international als "The Keeper of Lost Causes" also etwa "Der Hüter aussichtsloser Fälle" vermarktet wird. Eine gute Lösung.

Wing

Kvinden i buret. D/G/S 2013. R: Mikkel N›rgaard B: Nikolaj Arcel, Jussi Adler-Olsen K: Eric Kress D: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Sonja Richter, Peter Plaugborg. 97 Min.