ESCAPE FROM L.A


Am Ende

Nach 15 Jahren zwängt sich Kurt Russell noch mal ins schwarze Outfit von Snake Plissken

Eins ist sicher: dieser Film wurde mindestens vierzehn Jahre zu spät gedreht. Der erste "Klapperschlangen"-Film Escape From New York ist 81 in die Kinos gekommen. Wäre dieser 96er Aufguß ein Jahr später zu sehen gewesen, hätte man sich ja vielleicht noch halbwegs amüsiert, aber heutzutage wirkt das ganze zu lächerlich. Ich könnte es mir ja leicht machen und einfach behaupten, ich hätte Mad Max eh immer besser gefunden als Snake Plissken - und schon bin ich aus dem Schneider.
Das wäre aber glatt gelogen, und damit wollen wir hier doch gar nicht erst anfangen. Die Klapperschlange anno 81 war Kult, und wenn ich mich recht erinnere, bin ich damals gleich zweimal hintereinander in den Film gepilgert. Was ich an Snake Plissken gut fand war, daß er sich in einer kaputten Welt der Zukunft nur für sich selbst interessierte. Der Mann befand sich nicht auf irgendeinem blutigen Rachefeldzug wie Max. Ihm war auch nicht daran gelegen, für Recht und Ordnung einzutreten. Plissken wollte einfach überleben, und dafür war ihm jedes Mittel recht. Ein Ego Tripper, kalt und unnahbar, so wie man seine Helden am liebsten hat. Snake hatte dieses coole Schlangen-Tattoo (nebenbei: eine Kobra) auf dem Bauch, und dann zischte er fast immer nur einen Satz zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: "Nenn mich Snake!"; das waren dann auch meist die letzten Worte, die sein Gegenüber zu hören bekam, bevor es von Kugeln durchsiebt tot umfiel.
Kurt Russel spielte die "Klapperschlange", und der Regisseur war damals John Carpenter. Diesen einen Satz muß Russel wohl sehr geliebt haben, wie sonst ließe sich erklären, warum er fünfzehn Jahre später nochmal in diese Rolle schlüpft? Mehr noch, diesmal hat er mit Regisseur John Carpenter zusammen am Drehbuch geschrieben und den Film sogar coproduziert. Daß Carpenter schon mal bessere Tage gesehen hat, wissen wir. Da er es aber jetzt anscheinend nötig hat, Quasi-Remakes von seinen frühen Erfolgen zu drehen, muß er ziemlich verzweifelt sein.
Gott ist der Mann am Ende! Nicht nur, daß der Plot von damals bis auf ein paar kosmetische Kleinigkeiten fast eins zu eins übernommen wurde, hier wird auch noch versucht witzig zu sein. Carpenter/Russel nehmen sich selber auf die Schippe und zwar nach dem Motto: " Seht her Leute, wir haben das damals doch gar nicht so ernst gemeint." Vielen Dank, aber das haben wir irgendwie schon immer gewußt, für wie blöd halten die ihr Publikum eigentlich? Warum die beiden unbedingt aus einem guten B-Film Helden eine Witzfigur machen, bleibt ihr Geheimnis. Hey, wir dachten alle Snake hätte die Welt im ersten Film in die Luft gejagt, was ja ein hervorragendes Ende war. Jetzt wird Plissken wiederbelebt, nur um im neuen Film Basketball zu spielen oder Motorrad zu fahren. Besser noch, Snake Plissken surft an der Seite von Alt-Hippie Peter Fonda ("Du ich muß da vorne rechts abbiegen, war schön dich getroffen zu haben Snake") auf einer riesigen Springflut in das vom Erdbeben zerstörte L.A. hinein. Das hört sich besser an als es aussieht, im Prinzip wurde diese Szene nur erfunden, weil sie sich gut für ein Filmplakat eignet. Das ist ziemlich armselig und vielmehr wird dann auch nicht mehr geboten bis auf ein bißchen Bum-Quatsch hier und ein wenig Pyro da.
Abgesehen vom erbärmlich schlechten Drehbuch ist Escape From L. A. auch visuell ein einziges Desaster. Wo der Vorgänger in düsteren meist spärlich ausgeleuchteten Bildern schwelgte, ist hier alles taghell, und das, obwohl der Film wieder nur nachts spielt. Im L.A. der Zukunft geht es zu wie auf einem Rummelplatz, ich gebe zu, der Blasheimer Markt ist nichts dagegen. Da setzt man sich nur in die Achterbahn und hat Good Clean Fun. In diesem Film schmeckt einem nach zehn Minuten nichtmal mehr das Popcorn.
Es hilft nichts, ich muß es mir wohl eingestehen; Mad Max ist doch der bessere Mann gewesen. Bei dem hat es wenigstens für zwei gute Filme gereicht.

Mirko Puzic