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»ALMOST FAMOUS«

Forever Young

Die schöne Welt der Rockmusik der 70er

Mit Rockmusik kennt sich die strenge Mutter aus. Das Simon & Garfunkel-Album wird konfisziert. Schließlich leiten die Texte zu Drogenkonsum und häufig wechselndem Geschlechtsverkehr an. Solche Verbote schüren den Appetit, und so entwickelt sich der unschuldige Sohn zum begeisterten Fan. Bereits im zarten Alter von 15 ist William Miller (Patrick Fugit) ein versierter Szenekenner und begabter Musikkritiker.
Man schreibt das Jahr 1973. Die Plattenindustrie expandiert und beginnt mit der Vermarktung der Rockrebellion. Für das renommierte Rolling Stone-Magazine soll William über die Tour der "Stillwaters" berichten. Die Redakteure haben keine Ahnung, dass ihr Schreiber eigentlich noch zur Schule geht, aber die Band findet Gefallen an dem Jungen und nimmt ihn auf in den wilden Tross aus Musikern, Groupies und Roadies - aus dem behüteten Heim seiner überfürsorglichen Mutter (Frances McDormand) mitten hinein in das Sodom und Gomorrha der Musikszene, die ausgelassenen Orgien in Hotelzimmern, der morgendliche Kater im Band-Bus, die Konkurrenzkämpfe hinter der Bühne und das flatterhafte Leben der Groupies, die sich selbst als inspirationsspendende Musen begreifen.
In die schöne Penny Lane (Kate Hudson) verliebt sich William in aussichtsloser Weise, denn die inspiriert bevorzugt den Gitarristen Russel (Billy Crudup). Aus der Dreierkonstellation entwickelt Regisseur und Drehbuchautor Cameron Crowe (Jerry Maguire) kein schnödes Eifersuchtsdrama. Vielmehr interessiert er sich für das freie Fluten der Gefühle im Anything Goes der Musikerfamilie. In Almost Famous geht es um den Verlust der Unschuld, um das Erwachsenwerden eines uncoolen Jünglings und den kommerziellen Sündenfall einer Rockband.
Crowe verfilmt hier eigene Jugenderinnerungen. Seine Karriere als Musikkritiker beim Rolling-Stone begann er tatsächlich 1973 als pubertierender Teenager. Frei von retrospektiven Rührseligkeiten trifft er genau den richtigen Ton zwischen persönlicher Intensität, akkuratem Zeitporträt und einer allgemeingültigen Coming-of-Age-Geschichte. In Almost Famous verbindet sich die Kraft der Musik effektvoll mit den wechselhaften Stimmungslagen jugendlicher Sinnsuche. In der Hauptrolle der hinreißend schlaksige Patrick Fugit, der als passiver Spielball durch die Rockszene wirbelt und zwischen Abenteuerlust und Melancholieanfällen hin- und hergeworfen wird. Das eigentliche Herz des Films schlägt jedoch am Rand: Francis McDormand (Fargo) als besorgte Übermutter siedelt ihre Figur mit exzentrischem Charme weit entfernt vom traditionellen Gluckenklischee an. Als Musikkritiker weiß Cameron Crowe, dass es auf die Zwischentöne ankommt und als Filmregisseur beherrscht er diese geradezu perfekt.

Martin Schwickert
USA 2000 R&B: Cameron Crowe K: John Toll D: Billy Crudup, Frances McDormand, Kate Hudso, Patrick Fugit
www.almost-famous.de