»FANTASIA 2000«

Töne mit Cartoon

Disneys legendärer Trickfilm »Fantasia« wird fortgeschrieben

Es gibt verschiedene Arten von Zeichentrickfilmen, erfährt der Zuschauer schon in der Einleitung: narrativ rudimentäre Kurzfilme, die einem slapstickhaften Sketch gleichkommen, sowie handlungsorientierte Langfilme, in denen bekanntlich der Disney-Konzern seit Jahren seine Domäne hat.
Fantasia gehörte einer dritten Gruppe an, die unverständlicherweise in Vergessenheit geraten ist und die ihren Reiz aus der besonderen Synchronität von Musik und Bewegung zieht. Rechtzeitig zum Millenniumswechsel erfährt das Genre eine Auferstehung, zunächst nur als Imax-Erfahrung, nun auch im konventionellen Kino. Fantasia 2000 kann gleichermaßen als Sequel wie auch als Remake verstanden werden, denn während der Film einerseits die Grundidee aufgreift und fortspinnt, ist es letztlich eine Wiederverwertung dieser in zeitgemäßer technischer Perfektion. Einmal mehr wird klassische Musik von Beethoven, Respighi oder Stravinsky in brillanten Bildern visualisiert, die auf wundersame Weise eine Brücke zwischen modernem Pop-Kitsch und zeitlosen Meisterwerken schlagen und Dynamik und Ausdrucksstärke von Musik vermitteln können.
Wenn eine Menschenmenge in der U-Bahn zu Gershwins "Rhapsody in Blue" swingt oder Stravinskys "Feuervogel" einen Vulkan zum Ausbruch bringt, scheint das Stück nicht nur kongenial neu interpretiert, sondern tatsächlich nur für diese Bilder geschrieben worden zu sein. Neben herrlichen Nummern, wie der stilistisch an Karikaturen angenäherte Rhapsodie oder Donald Ducks Reise in der Arche Noah, ergeht es manch anderen wie dem armen Zauberlehrling, der sich in der gleichnamigen, wundervollen Episode als einziger aus dem Original hinübergerettet hat: Sie ersaufen, wenn nicht in Wasser, so doch im Kitsch. Als bombastisches Musikvideo gelingt es Fantasia 2000 dennoch technisch wie künstlerisch eine Art Bilanz zu ziehen.

Matthias Grimm