EIN FERPEKTES VERBRECHEN

Jagdszenen
Männer am Rande des Nervenzusammenbruches - eine spanische Komödie

Rafael ist der geborene Verkäufer. In der Abteilung "Damenoberbekleidung" eines großen Madrider Kaufhauses dirigiert er wie ein König die Kundinnen zur Kasse. Er schmeichelt ihnen, verführt sie, er verkauft ihnen Pelzmäntel, die sie eigentlich gar nicht haben wollen. Rafael fühlt sich zu Höherem berufen. Er spart auf ein Haus, Auto, Luxusleben und jede Menge schöne Frauen. Eine Beziehung, Ehe und Familie sind für ihn ein Albtraum. Seine weiblichen Angestellten sind durchweg rassige Model-Typen, und er hat sie alle gevögelt.
Mit Don Antonio, dem Toupét tragenden Langweiler aus der Herrenabteilung konkurriert Rafael um den Posten des Etagen-Chefs. Als tatsächlich Don Antonio den Job kriegt, rastet Rafael aus. Bei einem Handgemenge bringt er aus Versehen Don Antonio um, in der Umkleidekabine, und die unscheinbare, bisher unbeachtete Verkäuferin Lourdes hat alles gesehen.
Lourdes ist die eigentliche Heldin dieser schrägen spanischen Komödie von Alex De La Iglesia (Perdita Durango). Sie hilft Rafael bei der Entsorgung von Antonios Leiche (wofür sie persönlich zum Hackebeil greift, während Rafal dabei schlecht wird) und erpresst ihn dann: mit Liebe. Rafael soll sie vögeln, sie lieben, ihre Eltern besuchen, ihr Kinder machen, sie heiraten. Rafael beginnt, das "ferpekte" Verbrechen an Lourdes zu planen.
In dem perfekt und rasant inszenierten Komödien-Thriller geht es um die Angst der Männer vor den Frauen. Und vor allem vor der Ehe. Schon in der Eingangssequenz erklärt Rafael direkt in die Kamera, was für ein Albtraum Familie, Kinder und Mittelmaß für ihn wären. Und Lourdes zerrt ihn genau da hin.
Guillermo Toledo und Mónica Cervera spielen dieses in tödlicher Abhängigkeit verbundene Paar perfekt. Er ist der dumme, eitle Casanova, oberflächlich, eigentlich feige und weich, sie ist das aufblühende Mauerblümchen, klug, laut, brutal. Dieses Pärchen schubst sich aus Riesenrad-Gondeln, in Aufzugschächte, geht mit dem Messer aufeinander los - sie schenken sich nichts. Und wenn Rafael mit den Nerven wirklich 'runter ist und mit Lourdes Schluss machen will, marschiert die stracks ins nächste Polizeirevier, wo Rafael sie nur unter Mühen wieder herauszerren kann. Triumphierend geht sie neben ihm her: "Sag sofort, dass du mich liebst!" - und er, restlos geschlagen: "Ich liebe dich."
De La Iglesia ("Ich mag neidische, habgierige Personen") hat nicht nur ein gutes Drehbuch, sondern auch wunderbare Einfälle, mit denen er die Geschichte in Schwung hält. Dazu gehört der eigentlich tote Don Antonio, der als Geist wieder auftaucht. Je mehr Rafael abdreht, desto öfter taucht der tote Konkurrent, mit Beil im Schädel, nur für Rafael sichtbar, wieder auf und gibt Ratschläge. In einer der schönsten Szenen sitzen Rafael und sein Opfer, der leicht grünliche tote Antonio, vor dem heimischen TV und gucken sich alte Krimis an - auf der Suche nach dem "ferpekten Verbrechen".

Victor Lachner
Crimen Ferpecto. SP 2003. R: Alex de la Iglesia. B: Alex de la Iglesia, Jorge Guerricaechevarría. K: José L. Moreno. D: Guillermo Toledo, Mónica Cervera, Luis Varela