GINGERBREAD MAN


Anwälte

Was macht Altman mit Grisham?

Was für ein Wetter, was für eine regennasse, beinahe apokalyptische Atmosphäre, die Robert Altmans Verfilmung eines John Grisham-Drehbuchs einhüllt und einen Tornado ankündigt! Auch die Eröffnungssequenz mit einem Flug über die einsame Landschaft Georgias, die fast wie eine jener Südsee-Inseln aussieht, auf denen die Helden der ersten beiden Grisham-Bestseller am Schluß untertauchen müssen, läßt Hoffnung aufkommen. Denn so austauschbar wie die Gesichter kleiner Südsee-Inseln sind auch Grishams Bücher, und man muß als Regisseur eigentlich eine unglaubliche Lust verspüren, sich bei einer Verfilmung einen Dreck um die Story zu kümmern und sich nur auf Charaktere und Atmosphäre zu konzentrieren. Genau das hätten wir von Altman erwartet, um so enttäuschter bleibt man am Ende zurück.
Kenneth Branagh spielt den arroganten Anwalt Magruder, der in ein gefährliches Komplott rutscht, und müßte er nicht zwei Stunden lang mit den atemlos voraneilenden Geschehnissen mithalten, hätte Branagh etwas intensiver den gebrochenen Charakter seiner Figur ausspielen können.
Allerdings entscheidet sich der Regisseur für den Plot, der sich schon wieder um wertvolle Bäume auf wertlos aussehendem Land dreht, und überläßt damit die Schauspieler wie den exzellent spielenden Robert Downey jr. als Magruders Helfer sich selbst.
Doch plötzlich tauchen Momente auf, da läßt Altman derart gelangweilt Polizeiwagen vorfahren, jammernde Kinder in die Arme ihrer Mutter fallen oder das bemühte Motiv des "Pfefferkuchenmannes" einfließen, daß dies fast schon eine satirische Note hat. Aber ihm fehlt insgesamt die nötige Distanz zu der banalen Geschichte, und irritierende Spiegeleffekte, observierende Fensterblicke oder kleine Plansequenzen sind als stilistische Spielchen auch zu wenig, erst recht für einen Altmeister wie Altman.

Dirk Steinkühler