GONIN


Einen Dieb bestehlen

Japan-Kino der härteren Gangart

Ein paar abgehalfterte Kriminelle begehen eine von Anfang an zum Scheitern verurteilte Verzweiflungstat, um ihre finanziellen Probleme in den Griff zu kriegen. Ein grundsätzlich wenig originelles, aber dennoch unzählige Male auf die Leinwand gebanntes Genrekonstrukt.
Auch in Japan hat diese Sorte Kriminalfilm, besser gesagt die Auseinandersetzung mit dem Treiben der Yakuza, eine lange Tradition, vor allem, weil diese Verbrecher-Organisation ein fest integrierter Teil der Gesellschaft ist.
Doch Ishiis Film ist alles andere als bloß ein weiterer Yakuza-Thriller - darauf weisen schon die ersten Minuten hin. Eine Montage von Bildern eines zuckenden Auges, Wassertropfen, die geräuschvoll in eine Pfütze klatschen und eine verregnete Gasse, in der ein schrill geschminkter Mann einen anderen brutal mit einem Baseballschläger bearbeitet. Ein Alptraum für Herrn Bandai, einen abgebrannter Diskothekenbesitzer.
Um seine Geldsorgen zu beheben, überfällt er mit Hilfe von vier anderen sozial deklassierten Gestalten ausgerechnet den Yakuza, dem er das Geld schuldet. Dessen Antwort läßt nicht lange auf sich warten, denn der hetzt den schnell ausfindig gemachten Losern zwei seltsame Killer hinterher, einer davon übrigens Regisseur Takeshi Kitano, zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht völlig von den Folgen seines schweren Motorradunfalls im Jahre 1994 genesen.
Takashi Ishii kam erst relativ spät zum Film, nämlich Ende der 70er, als die Nikkatsu Studios seine Comic-Reihe "Tenshi No Harawata" (dt.: Die Eingeweide der Engel) erstand und basierend auf Drehbüchern von Ishii daraus sieben Filme machte, drei davon unter seiner Regie. Dieses auf seinen Erfahrungen als Zeichner basierende Gespür für sehr eigenwillige Visualisierungen und die Verwendung typischer Sex & Crime-Motive trivialster Pulp-Literatur verschaffen Gonin selbst im an Extremen nicht armen japanischen Kino eine absolute Ausnahmestellung.
Gonin ist ein wunderschöner, sehr gewalttätiger Bilderbogen, gegen Ende immer stärker konventionelle Filmrealität aufbrechend und sich in surrealen Gefilden verirrend, der seine jeglicher Hoffnung beraubten Protagonisten zum Spielball eines unbarmherzigen, beinahe diabolischen Fatalismus werden läßt.

Thomas Kerpen