GOOD NIGHT, AND GOOD LUCK

Blick zurück im Zorn

George Clooney verfilmt das Ende der McCarthy-Ära - und meint ein bisschen auch George W. Bush

Als Vorsitzender des Goverment Operation Committee leitete Senator Joseph McCarthy die Überprüfung von Bundesangestellten und Militärangehörigen, die (ohne Veröffentlichung von Beweisen) auf Verdacht als kommunistische Spione verurteilt wurden. George Clooney reist mit seiner zweiten Regiearbeit zurück in die Zeit der US-Schauprozesse und blickt auf die Geschichte aus der Perspektive des damals noch jungen TV-Senders CBS.
1953 ist Edward R. Murrow das Aushängeschild der Fernsehanstalt. Sein politisches Magazin See It Now gilt heute noch als Lehrbeispiel für investigativen TV-Journalismus. Im Studio herrscht hektisches Treiben. Schreibmaschinenklappern, klingelnde Telefone, Männer mit Filmrollen hetzen durch die Flure, Kommentare werden live eingesprochen. Als Nachrichten-Medium ist das Fernsehen noch jung, hier sind die Pioniere am Werk. Als Murrow auf den Fall eines Navy-Piloten stößt, der entlassen wurde, weil sein Vater angeblich eine serbische Zeitung gelesen haben soll, schickt er ein Kamerateam los, um dem Fall nachzugehen. Trotz der Skepsis seines Vorgesetzten bringt er einen Beitrag, der die Absurdität und fehlende Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens anprangert, und bringt damit Vertreter der Armee und die Sponsoren des Senders gegen sich auf.
Alle warten darauf, dass jemand den Startschuss gibt und McCarthys Antikommunismus-Propaganda etwas entgegensetzt. Murrow und sein Produzent Friendly (George Clooney) wollen die Methoden des Jungsenators aus Wisconsin direkt angreifen. Das Risiko, den eigenen Job zu verlieren und den werbeabhängigen Sender zu ruinieren, ist dabei groß. Und natürlich holt Joe McCarthy schon bald zum Gegenangriff aus.
Good Night, and Good Luck ist ein Film, der zuallererst durch handwerkliche Präzision und formale Sachlichkeit ins Auge fällt. Durchgehend in stilvollem Schwarz-Weiß gedreht, beschränkt sich der Film auf zwei Locations, das CBS-Studio und eine Bar gegenüber. Aber was Kameramann Robert Elswit mit seinen eleganten Fahrten, Unschärfenverlagerungen, Licht- und Schattenkompositionen aus diesen beengten, verrauchten Räumlichkeiten herausholt, ist einfach brillant. Die Spannung und Konzentration, die im Newsroom der CBS in jenen Tagen herrscht, vermittelt sich vor allem durch die exquisite Kameraarbeit.
Ein Ereignis stellt auch David Strathairn in der Rolle des höchst integren Journalisten Murrow dar. Mit einer hochgezogenen Augenbraue erzählt dieser Mann so viel wie andere mit einem dreiseitigen Monolog. Mit Strathairn hat Clooney den idealen Schauspieler gefunden, um einer Form von streitbarem Fernsehjournalismus ein Denkmal zu setzen, wie es ihn heute schon lange nicht mehr gibt.
Denn trotz aller historischen Genauigkeit, die die Verwendung von Originalaufnahmen von McCarthys Fernsehauftritten mit einschließt, zielt Clooney mit seinem Film natürlich in die Gegenwart. In einer Rede Murrows, die als Rahmenhandlung dient, klagt der Journalist den Verfall des Fernsehens an, das durch oberflächliche Unterhaltungssucht und die materiellen Interessen der Sponsoren, seiner Verantwortung als aufklärerisches Medium zunehmend weniger gerecht wird.
Dass das Fernsehen heute am Endpunkt dieser Entwicklung angelangt ist, macht der Film ebenso deutlich wie die Parallelität zwischen der McCarthy-Ära und den politischen Verhältnissen im heutigen Amerika.
Durch den Patriot Act werden in den USA zur Zeit wieder fundamentale Bürgerrechte ausgehebelt und Bushs Krieg gegen den Terror trägt durchaus ähnliche propagandistische Züge wie McCarthys Kommunistenhatz.

Martin Schwickert

USA 2005. R: George Clooney B: George Clooney, Grant Heslov K: Robert Elswit D: David Strathairn, George Clooney, Patricia Clarkson, Robert Downey