GOOD VIBRATIONS

Teenage Kicks

Der wahre Punk kam aus Irland

Als Kind schwärmte Terry Hooley für religiöse Country-Sänger, bis Nachbarskinder, die ihm den kommunistischen Vater übel nahmen, Terry ein Auge wegschossen. Fortan ging Terry etwas einäugig durch die Welt, nannte sich witzelnd "Terri" (Terry with an 'I') und fand in den 1970ern ausgerechnet mit Musikbegeisterung und Starrsinn einen Weg aus den "Troubles" in Belfast.

Was aus der sicheren Gegenwart betrachtet etwas kitschig und musiktherapeutisch klingt, und im Drehbuch von Colin Carberry und Glenn Patterson auch wie eine Künstlerbiographie aus dem Baukasten angelegt ist, wirkt in der Inszenierung Lisa Barros D'Sa und Glenn Leyburn zugleich warmherzig und satirisch, nostalgisch und kraftvoll. Außerdem ist alles wahr.

Terri Hooley hatte einen Plattenladen im Grenzland zwischen Protestanten und Katholiken. Im "Good Vibrations" traf man sich überparteilich, ja sogar über Stilgrenzen hinweg. Und hier hört der Anhänger von Pink Floyd und den Rolling Stones zum ersten Mal nordirischen Punk, von Teenagern aus der Nachbarschaft. Ein Blitz schlägt ein. Terri adoptiert die rebellischen Kinder, besorgt ihnen Gigs, produziert ihre erste Single und riskiert Ehe und Geschäft, um "The Outcasts" oder "The Undertones" eigenhändig ans Publikum zu bringen. Das zögert noch, aber eine Straßenkontrolle der britischen Armee ist schon mal schwer beeindruckt, als sie den klapprigen Tourbus anhält, in dem Protestanten und Katholiken gemeinsam unterwegs sind.

Als schließlich der legendäre Radio-DJ John Peel eine Platte von Terris Indy-Label "Good Vibrations" featuret, könnte der Godfather of Punk reich und berühmt werden. Aber das will er gar nicht.

Nicht aber aus Widerständigkeit, sondern aus reiner Musikliebe. Sein Punk ist keine rohe Absage an melodische Gepflogenheiten und das ganze System, sondern bloß geradezu gottvertrauliches Bestehen auf dem eigenen Ding. Terri schuf keine Gegenkultur, sondern eine Miteinander-Kultur, für die der Film ein wunderbares Bild findet: 'zig junge Bands drängeln sich im Plattenladen und lernen begeistert, wie man aus einem Flugblatt das Cover für die eigene Single faltet. Wer an sich glaubt, kann alles schaffen. Wer Freunde hat, kriegt alles hin.

Die unschönen Seiten des Nordirlandkonflikts kommen auch vor. Terris Punks retteten das Land nicht, auch wenn es 1980 fast danach aussah. Das rettet andersherum, neben dem kauzigen Hauptdarsteller und der omipräsenten Musik, den Wohlfühlfilm vor dem Kitschverdacht.

Wing

IR/GB 2012. R: Lisa Barros D'Sa, Glenn Leyburn B: Colin Carberry und Glenn Patterson K: Ivan McCullough D: Richard Dormer, Jodie Whittaker, Michael Colgan, Adrian Dunbar