Graceland

Die gnadenlose Stadt

Eine Thrillertragödie aus Manila

Marlon Villar betet jeden Tag mit seiner Tochter Elvie. Göttlichen Beistand kann der Mann, der im Moloch Manila mit seiner Familie hart am Rande der Armutsgrenze lebt, auch dringend gebrauchen. Seine Frau ist krank und braucht eine Organtransplantation. Die pubertierende Tochter muss weiter versorgt werden. Wenigstens hat Marlon einen Job als Chauffeur bei dem prominenten Politiker Mr. Changho. Er tut alles, um den Job zu behalten. So fährt Marlon seinen Brotherrn nicht nur zur Arbeit und dessen Tochter Sophia zur Schule, sondern er bringt auch diskret die Kinderprostituierten heim, die sich sein Chef, der eine Vorliebe für minderjährige Mädchen hat, nachts in Hotels bestellt.

Innerhalb eines Tages bricht das für Marlon alles zusammen. Die Medien haben von Mr. Changhos Neigungen Wind bekommen und starten eine Kampagne. Der feuert daraufhin seinen Fahrer, den er für das Leck hält. Als Marlon Sophia und Elvie, die Mädchen sind trotz der sozialen Unterschiede eng befreundet, als letzte Amtshandlung von der Schule nach Hause bringen will, wird er gewaltsam von einem Gangster gestoppt. Der hat es auf die Tochter des Politikers abgesehen, verwechselt sie aber mit Elvie. Er kidnappt das falsche Mädchen und erschießt Sophia, um seiner Lösegeldforderung Nachdruck zu verleihen. Wenn Marlon seine Tochter wiedersehen will, muss er Changho dazu bringen, das geforderte Lösegeld zu zahlen. Er verschweigt ihm deshalb, dass Sophia tot ist. Dem ermittelnden Polizisten kommt Marlon allerdings bald verdächtig vor. Graceland ist der zweite Spielfilm des philippinisch-amerikanischen Regisseurs Ron Morales und eine spannende, realistische und aufwühlende Thrillertragödie mit deutlich formulierter Gesellschaftskritik. Manila wird als eine Stadt voller großer gesellschaftlicher Spannungen präsentiert, in der Korruption weit verbreitet ist und Prostitution trotz des Verbotes gedeiht.

Marlon will sich nicht einfach in sein Schicksal ergeben, doch seine Anstrengungen haben zur Folge, dass er moralische Werte über Bord wirft und immer tiefer im Morast versinkt. Wenn sich am Ende die Teile in einer kleinen aber feinen Szene zusammenfügen und das Motiv des Entführers deutlich wird, sind tatsächlich nur noch die beiden Mädchen Elvie und Sophia wirklich unschuldig.

Dass Graceland, mal abgesehen von einigen für das Funktionieren der Geschichte notwendigen Dramatisierungen und Wendungen, einen realistischen Anstrich hat, liegt an der Art der Inszenierung. Morales drehte den Film mit kleinem Budget in nur 17 Tagen im Guerilla-Stil in den Straßen von Manila. Das was man vom Straßen- und Nachtleben zu sehen bekommt, ist also zum großen Teil echt.

Olaf Kieser

Philippinen 2012 R & B: Ron Morales K: Sung Rae Cho D: Arnold Reyes, Menggie Cobarrubias, Dido De La Paz, Ella Guevara 84 Min.

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