The Grandmaster

Ehre und Gewalt

Wong Kar-Wai hat wieder einen Martial Arts Film gedreht

Für die Endfassung seines Klopperfilms Ashes of Time brauchte Wong Kar-Wai schmale 14 Jahre, an The Grandmaster sitzt er jetzt auch schon wieder fünf: Das Arrangment der Bilder scheint für den Hongkong-Chinesen Wong Kar-Wai vor allem in seinen Actionfilmen ein Problem zu sein, seine kleineren Filme wie My Blueberry Nights oder 2046 entstanden in erheblich kürzerer Zeit.

Vier Stunden soll die Ur-Fassung dieses optischen Monuments mal gedauert haben, auf gut zwei Stunden hat Wong Kar-Wai sie heruntergeschnitten (diese Fassung steht hier zur Kritik), für den westlichen Markt gibt es auch eine 90minütige Version, die auf der Berlinale gezeigt wurde. Welche ins Kino kommt, ist unklar. Aber Bedenken muss man nicht haben: die Zweistunden-Fassung ist absolut unverständlich, verwirrender kann die 90er-Fassung auch nicht wirken.

Es beginnt mit einem Kampf "Einer gegen Hundert", der brav der asiatischen Tradition folgt, dass eine zahlenmäßig überlegene Gruppe niemals gemeinsam angreift. Man tritt einzeln und nacheinander an, damit der Held seine Überlegenheit unter Beweis stellen kann. Wer hier warum gegen wen kämpft, ist unklar, aber Tony Leung Chiu Wai zerlegt seine Gegner nach allen Regeln der Kunst, in großartigen Einzelaufnahmen und in grandioser Schnittfolge haut er die Gegner im Straßenkampf weg, wobei man sich, trotz der sich daraus ergebenden beeindruckenden optischen Effekte, schon fragt, warum es in China dauernd regnet wenn Männer einander verhauen.

Hintergrund der Story (die mit einer Rückblende begann (die wir aber erst später verstehen), ist der Streit zweier Kung-Fu-Schulen, der 1936 beginnt und sich bis in die 50er Jahre hinziehen wird. Es geht Nord gegen Süd, Ehrenmänner gegen Kollaborateure (China wird von Japan besetzt), Männer gegen Frauen - alles ist kompliziert. Dass dabei auch Liebe im Spiel sein soll, entnimmt man eher dem Pressetext, die dezenten Reste einer dezenten Lovestory sind im Film kaum aufzuspüren.

Zu sehen sind großartige Bilder und eine Kameraarbeit, die die Ästhetisierung wieder so weit treibt, dass die Grenze zum Edelkitsch fließend ist. Die Kämpfe, die spärlich über den Film verteilt sind, wurden natürlich perfekt und beeindruckend inszeniert. Aber auch wegen der fehlenden Geschichte fragt man sich doch mit zunehmender Filmdauer: Warum hauen die sich eigentlich ständig?

Dass in China zwischen 1930 und 1960 eigentlich ganz andere Probleme herrschten, deutet The Grandmaster dezent an. Sehr viel auffälliger rückt er die faltigen Gesichter alter Männer ins Bild, die uns über Ehre und Schlagtechniken informieren, weshalb kurze Zeit später wieder ein paar junge Leute einander verhauen. Immerhin sieht das hier alles preisverdächtig gut aus, die Kampfkunstfilm-Fans sind begeistert. Immerhin die.

Victor Lachner

Yi dai zong sh China 2013 R: Wong Kar-Wai B: Wong Kar-Way, Haofeng Xu, Jingzhi Zou K: Philippe Le Sourd D: Ziyi Zhang, Tony Leung Chiu Wai, Cung Le