GULLIVERS REISEN

Dick kommt durch

Jack Black pinkelt auf Jonathan Swift

Auf den amerikanischen Plakaten zu der neuen Verfilmung des klassischen Stoffes steht ungemein witzig: "Black is the new big". Schließlich ist Jack Black das Pfund, mit dem die tausendmal erzählte Story vom Riesen wider Willen wuchert. Gegen seine Präsenz, gegen seine Wucht und Wampe hat die wahre Geschichte kaum eine Chance.

Vor fast 300 Jahren schickte der irische Priester Jonathan Swift eine Art Hanswurst in vier verschiedene Weltgegenden, wo Lemuel Gulliver unter Zwergen, Riesen, Wissenschaftlern und weisen Pferden lernte, den Menschen seiner Zeit ausgesprochen skeptisch gegenüber zu stehen. Über die Jahre schnurrte die böse Satire in der Rezeption zu einer kindertümlichen Version zusammen, schließlich blieb Liliput als typisches Gulliver-Szenario übrig.

In der neuen Verfilmung strandet nun ein unglücklich verliebter Bürobote auf der Insel der Mini-Menschen und entwickelt sich dort zum chancenergreifenden Amerikaner. Was mal als satirischer Spiegel der ständischen Gesellschaft gedacht war, wird zur Chance, den eigenen Vorteil auszunutzen und den Chefs mal ordentlich auf den Kopf zu urinieren.

Genau da, wo heutige Eltern und Kulturpfleger wohl die heftigsten Einwände haben, ist der Film noch am nächsten am Original. Gulliver pisst ein Feuer aus, dass seine Märchenheimat zu vernichten droht. Ja er bewässert gar einen General, der überdeutlich als Gestriger und Verhinderer schöner Romanzen charakterisiert wird. Das hätte Swift vermutlich lustig gefunden. Immerhin machte er 1726 noch weit ausführlichere Scherze mit Körperausscheidungen und stellte seinen zivilisationskritischen Riesen sogar wegen Eckenpinkelei vors Liliput-Gericht.

Der neue Film fällt dahinter weit zurück, streift nur kurz das zweite Kapitel, in dem der Ex-Riese als neuer Zwerg und Spielzeug ins Kinderzimmer einer übergroßen Nachbarrasse fällt, und rettet Jack Black holterdipolter in die Gegenwart. Dort wird er zum gefeierten Reise-Schriftsteller und kriegt das Mädchen, das ihn als Bürobote nicht mal wahrnahm.

Kulturpfleger mögen sich erbrechen wegen der Verflachung einer tiefsinnigen Parabel, das Ersetzen von Zeitkritik durch einen schlampig animierten Monsterkampf oder von Satire durch Romanze. Das johlende Publikum sieht eh bloß Jack Black, der in fast allen Szenen viel zu viel Raum einnimmt. Wer ihn mag, wird diesen Gulliver ertragen. Wer Gulliver mag, kann es immerhin versuchen.

Wing

USA 2010. R: Rob Letterman B: Joe Stillman, Nicholas Stoller K: David Tattersall D: Jack Black, Emily Blunt, Jason Segel, Amanda Peet, Billy Connolly