GURU - BHAGWAN, HIS SECRETARY & HIS BODYGUARD

Der Erleuchtete

Eine Dokumentation über Bhagwan und sein Treiben

Zu Beginn hüpfen ein paar anscheinend durchgeknallte junge Menschen nackig im Kreis herum, schreien und quieken und zucken ekstatisch. Am Ende stehen martialische Wächter im Saal verteilt, mit Knopf im Ohr und Nazi-ähnlichen Uniformen und bewachen ihren Guru. Der sitzt, jetzt offensichtlich durchgeknallt, auf einer Bühne und erzählt, alles sei die Schuld seiner Sekretärin, die im übrigen mehrere Menschen versucht habe umzubringen und alle Bewohner der Stadt Dallas vergiften wollte.

Zwischen diesen Punkten liegt der Weg der Erleuchtung, den Bhagwan und seine Jünger in den 70ern und 80ern des vorigen Jahrhunderts beschritten. Und den lassen die Schweizer Dokumentarfilmer Sabine Gisiger und Beat Häner von zwei Menschen beschreiben: Der damaligen Sekretärin Sheela, lange Jahre die mächtigste Frau im Guru-Imperium, und Hugh Milne, der lange Zeit Leibwächter Rajneesh Chandra Mohans war - so der Name des "Göttlichen" (= "Bhagwan"), als er noch Professor für Philosophie war.

Es wär so einfach (und berechtigt) gewesen, das Experiment der Sinnsucher mit Häme zu durchleuchten. Immerhin war Rajneesh ein ausgekochtes Schlitzohr, das PR und Medienwelt gut durchschaute und den sinnsüchtigen Westlern einen kruden Mix aus Sex, Kreischen, Meditation und Phrasen auftischte, der sich gerade wegen seiner Leere als Weisheit verkaufen ließ (und lässt).

Sheela und Hugh sind gefallene Jünger, er verließ die Betbrüderschaft in Oregon, als Sheela auf dem Höhepunkt ihrer Macht war und ihm noch häßliche Dinge hinterherrief. Trotzdem erzählen beide mit Wärme von der Zeit in Poona, als die erste Kommune gegründet wurde und 5000 Leute freiwillig für das Ziel der inneren Erleuchtung arbeiteten. Dass Bhagwan schon damals seine zappeligen Jünger mit teuren Therapien schröpfte, finden beide in Ordnung. So finanzierte sich der Ashram.

Als die Kommune zu groß wurde, zog der Trupp in die USA. Bhagwan ließ sich von seinen Jüngern eine Stadt in Oregon bauen und schwieg fünf Jahre lang, in denen er sich lieber, so sein Leibwächter, mit Lachgas voll knallte und lallte "ich brauche kein Flugzeug, ich fliege jetzt!".

Beide, der Leibwächter und die Sekretärin, arbeiten heute im sozialen und therapeutischen Bereich. Beide haben einander und sich selbst nichts vorzuwerfen. Sie sehen die Fehler nicht bei sich sondern anderen, vor allem, natürlich, Rajneesh.

In ruhigem Tonfall, mit faszinierenden Bilddokumenten und empathischer Distanz beschreibt der Film den Weg eines Irrtums, der mit Nackttänzen begann und mit bewaffneten Schutztruppen endet. "Paranoia kommt von außen", sagt Sheela dazu, man habe damals Angst vor dem FBI gehabt und sich deshalb bewaffnet und alle Telefone in der Kommune überwachen lassen. Mordpläne wurden geschmiedet (da blendet der Film vieles gnädig aus und verschweigt manches).

Von Erleuchtung war da schon lange keine Rede mehr. Bhagwan wollte lieber ins Guinness Buch der Rekorde als der Mann, der die meisten Rolls Royce auf der Welt besitzt.

Die Blumen, mit denen seine Jünger ihn auf seinen Ausfahrten bewerfen durften, hatten sie vorher bei Rajneesh kaufen dürfen.

Thomas Friedrich

CH 2010 R & B: Sabine Gisiger, Beat Häner. Mit Sheela Birnstiel, Hugh Milne