Hänsel und Gretel: Hexenjäger

Grimms Horror

Ein flottes B-Movie denkt das Märchen weiter

Was machen Märchenfiguren eigentlich nach dem Ende des Märchens? Für Hänsel und Gretel kann man die Fragen jetzt beantworten. Die Geschwister kehrten nämlich, nachdem sie die Hexe ihrer Feuerbestattung im Ofen zugeführt hatten, keineswegs mit den Taschen voller Gold und Geschmeide nach Hause zurück. Tatsächlich beschlossen sie, ihr neu entdecktes Talent als professionelle Hexenjäger zu nutzen, denn davon gab es keine, dafür umso mehr Hexen.

Nun werden ihre Dienste in Augsburg benötigt. Seit einiger Zeit verschwinden hier Kinder. Die Hilfe der Profis ist bitter nötig, in der Stadt machen sich Panik und die damit verbundenen, üblen Begleiterscheinungen breit. So müssen Hänsel und Gretel bei ihrer Ankunft eine rothaarige Frau vor einem Mob retten, bevor sie sich an ihre eigentliche Aufgabe machen können. Rasch ist eine Hexe aufgespürt und nach hartem Kampf überwältigt. Von der erfahren die Geschwister Furchtbares. Offensichtlich arbeitet Oberhexe Muriel an einem mächtigen Ritual, das besser verhindert werden sollte.

Von den modernisierten Märchen der letzten Kino-Jahre ist Hänsel und Gretel: Hexenjäger sicher das komprimierteste und wohl auch blutigste. Das überrascht nicht, denn der norwegische Regisseur Wirkola kommt aus dem Horrorfach und ist durch den Horrorfilm Dead Snow (Medizinstudenten kämpfen gegen Nazi-Zombies), bekannt geworden. In knapp zwei Minuten handelt er die Märchen-Vorgeschichte seiner Helden ab, bevor es nach einem hübschen Vorspann gleich zur Sache geht. In dem Tempo geht es dann für etwas mehr als 80 Filmminuten weiter. Zeit für Psychologie oder Figurenzeichnung bleibt da kaum. Für Action, coole Posen und Oneliner, Horror, Humor sowie ein paar Splatterszenen schon. Bei heftigen Kämpfen werden schon mal halbe Wälder gefällt, es werden Köpfe zerschossen und ein von einem Hexenfluch Betroffener explodiert in einer Schenke, damit alle was davon haben.

Die Figuren bleiben natürlich eher flach. Deshalb braucht ein Film dieser Art Darsteller, die durch ihre Präsenz das Publikum schnell für sich gewinnen können. Jeremy Renner als Hänsel und Gemma Arterton als Gretel sind eine attraktive und gute Wahl, denn beide haben Qualitäten als Actionhelden. Auch die Nebenrollen sind mit Famke Janssen als Oberhexe und Peter Stormare als brutaler Gesetzeshüter treffend besetzt. Freunde skandinavischer Horrorfilme können sich zudem über Cold Prey-Heldin Ingrid Bols Berdal als Hexe freuen.

Dank guter Kulissen (gedreht wurde in den Babelsberg-Studios sowie in Nord- und Süddeutschland) entsteht sogar eine recht düstere und unheimliche Atmosphäre. Der Wald als Ort der Gefahr, das kann man hier durchaus nachvollziehen. Und die Hexen sehen so grausig aus, dass man ihnen wirklich nicht begegnen möchte.

Erfreulicherweise gibt Hänsel und Gretel: Hexenjäger nie vor, mehr als ein kurzweiliges B-Movie zu sein, bei dem alle Beteiligten sichtlich Spaß hatten.

Olaf Kieser

Hansel & Gretel: Witch Hunters D/USA 2012 R & B: Tommy Wirkola K: Michael Bonvillain D: Jeremy Renner, Gemma Arterton, Famke Janssen, Pihla Viitala, Peter Stormare, Ingrid Bols Berdal