HANCOCK

Der Super-Flegel

Will Smith rüpelt sich in Peter Bergs intelligenter Komödie mit Verve durch die Handlung

Beim Landeanflug reißt Hancock (Will Smith) sturztrunken ein großformatiges Autobahnschild nieder und wirft damit ein halbes Dutzend Polizeifahrzeuge aus der Spur. Bei einem anderen Rettungseinsatz schleudert er einen gestrandeten Wal zurück ins Meer und versenkt dabei eine Segelyacht. Auf youtube kann man den Superhelden sogar dabei beobachten, wie er sich nach erfolgreicher Brandbekämpfung am Eisstand an den Kindern vorbeidrängelt, um dort sein nacktes, überhitztes Gesäß öffentlich zu kühlen.

New York mag mit Spiderman gut bedient sein. Aber Los Angeles hat genug von den schlechten Manieren seines Superhelden und den Kollateralschäden, die Hancock bei seinen Rettungsversuchen verursacht. Hancock ist ein Superheld wie aus einem Charles Bukowski-Roman: versoffen, unrasiert, obszön und verantwortungslos. Nachdem er dem gutmütigen PR-Agenten Ray (Jason Bateman) das Leben gerettet hat, will dieser nun aus Dankbarkeit das Image des ungeliebten Superhelden gründlich aufpolieren. Hancocks Arbeit an besseren Umgangsformen und politisch korrektem Auftreten wird jedoch dadurch erschwert, dass er sich zu Rays Ehefrau Mary (Charlize Theron) hingezogen fühlt - was den Film unverhofft von einer Genrekomödie in eine Art Action-Melodrama stürzen lässt.

Diesen Stimmungwechsel übersteht Peter Bergs Hancock überraschend unbeschadet. Vielleicht liegt das daran, dass Berg ( The Kingdom ) schon davor die Genreformeln der Superhelden-Filme ebenso genussvoll wie effizient unterwandert hat. Das Originaldrehbuch von Vincent Ngo kursierte in Hollywood schon über zehn Jahre und war als radikaler, nihilistischer Gegenentwurf zum blankpolierten Superman -Image angelegt.

Auch wenn in der Endfassung von jenem Nihilismus nur noch wenig zu spüren ist, ragt Hancock aus der Kollektion der anspruchsarmen Sommerfilme deutlich heraus. Der Humor ist geradlinig und politisch unkorrekt, die Action-Szenen werden nicht zum Selbstläufer, und die emotionale Palette des Films geht weit über bloße Unterhaltungseffekte hinaus.

Berg hat das strenge Korsett der Mainstream-Konventionen nicht gesprengt, aber er hat die Schnürung spürbar gelockert und seinem aufsässigen Superhelden genügend Platz zum Atmen verschafft.

Martin Schwickert

USA 2008 R: Peter Berg B: Vy Vincent Ngo, Vince Gilligan D: Will Smith, Charlize Theron, Jason Bateman