HANGOVER

Wem gehört der Tiger?

Hier haben drei Herren einen enormen Filmriss

Die luxuriöse Hotel-Suite ist komplett verwüstet. Ein Huhn pickt die Krümel vom Teppichboden. Im Badezimmer hockt ein Tiger. Im Schrank liegt ein schreiendes Baby. Dazu drei verkaterte Männer, die sich partout nicht erinnern können, was in der Nacht zuvor passiert ist.

Das letzte, an das sich die Teilnehmer der Junggesellenparty erinnern können, ist der Jägermeister, den sie am frühen Abend auf dem Hoteldach in Las Vegas gekippt haben. Danach folgt der komplette Filmriss, denn der gute deutsche Magenbitter war mit weniger bekömmlichen Drogen angereichert.

Schwerer als die unerklärliche Anwesenheit von Huhn, Tiger und Baby im Hotelzimmer wiegt allerdings das Verschwinden des Bräutigams, der am anderen Tag vor dem Traualtar stehen soll. Langsam beginnen die drei verkaterten Freunde - der abgeklärte Oberschullehrer Phil, der Zahnarzt Stu und der durchgeknallte Schwager Alan - die wildeste Nacht ihres Lebens zu rekonstruieren und stoßen dabei auf immer neue Rätsel.

Statt des eigenen Cabriolets bringt der Hotelangestellte einen Streifenwagen aus der Tiefgarage, aus dessen Kofferraum ein nackter, fluchender Mafiosi springt. Die Suche nach dem Bräutigam führt in eine Hochzeitskapelle, auf die Polizeistation, ins Krankenhaus und zum Anwesen des Schwergewichtsweltmeisters Mike Tyson, der sich mit einem rechten Haken als Besitzer des Tigers vorstellt.

Als Gegenstück zur Flut der Hochzeitskomödien legt Todd Phillips mit Hangover nun den passenden Polterabendfilm vor - eine unromantische Komödie sozusagen, die sich an die vernachlässigte Zielgruppe männlicher Jugendlicher zwischen 18 und 41 richtet.

Der dramaturgische Trick mit dem plötzlich hereinbrechenden Black-Out funktioniert gut und die nachfolgende Rekonstruktion der Ereignisse bildet das Fundament einer Nummernrevue, die ein wenig an American Pie für Erwachsene erinnert und - um im Jargon eines Herrenmagazins zu bleiben - zeigt, was Männern Spaß macht.

Dabei geht es in der Sündenstadt Las Vegas trotz aller Besäufnisse, Zoten und Zerstörungsorgien in sexueller Hinsicht ausgesprochen züchtig zu. Immerhin ist die sinnfreie Handlung zügig inszeniert, und auch die flachsten Pointen werden durch präzises Timing und den schauspielerischen Elan der Herrenpartie über Preis verkauft.

Etwas angestrengt wirken allerdings die Versuche, die Grenzen des schlechten Geschmacks noch weiter auszureizen, etwa indem man einem Baby die Autotür an den Kopf knallt. Ganz zu schweigen von den moralischen Aufräumungsarbeiten, die am Ende des Films einsetzen, um die testosterongeladene Sauftour noch als therapeutisches Erweckungserlebnis verkaufen zu können.

Martin Schwickert

USA 2009 R: Todd Phillips B: Jon Lucas, Scott Moore K: Lawrence Sher D: Bradley Cooper, Ed Helms, Zach Galifianakis