WER IST HANNA?

Sünden von gestern

Süßes Mädchen gegen wilde Kerle: Der Agententhriller hat einen neuen Tiefpunkt erreicht

Irgendwann zeitgleich zu 9/11 hat sich der Agentenfilm aus dem Reich des Realismus verabschiedet und fristet seither sein Dasein als Comicverfilmung, selbst wenn dem jeweiligen Film gar kein Comic zugrunde liegt. Ob zuletzt Tom Cruise, Bruce Willis oder Angelina Jolie: die Filme im Milieu handeln von Durchgeknallten, die Durchgeknalltes tun, wozu der Regisseur die entsprechende Bebilderung liefert.

Joe Wright, zuletzt auffällig geworden durch eine eher subtile Verfilmung von Stolz und Vorurteil, hat leider keine zündenden Ideen, um diesem dramaturgisch lahmenden Krawall-Thriller den nötigen Pep zu verpassen.

Der blonde Engel Hanna wird von Papa in der Wildnis aufgezogen. Im Überlebenskampf rechtzeitig gestählt, schickt Papa Hanna auf eine Mission in die Welt zurück: Finde und töte Marissa Viegler.

Warum sie das tun soll und was die CIA damit zu tun hat, erfahren wir nach und nach, und die Geschichte wird dabei drolligerweise nicht spannender, sondern zieht sich. Das übliche Personal wird durchgeschleust - der irre Killer, der schräge Alte, der nette Junge und die ahnungslose Freundin - bis am Ende Hanna sich fragen muss "Wer ist Papa?" und die wundervolle Cate Blanchett (als Marissa Viegler) "Wie zur Hölle bin ich in diesen Film geraten?".

In den Action-Momenten unterbietet der Film selbst B-Movies wie Loser, und seinen dramatischen Höhepunkt hat der Film nach knapp 20 Minuten erreicht, wenn Hanna denkt, sie habe Frau Viegler erledigt, wonach der Film übrigens komplett unlogisch wird.

Allein der Kontrast - süßes blondes Mädchen poliert großen Kerlen die Fresse - verschafft dem Film einige witzige Momente. Ansonsten ist Hanna wie ihre Schwestern Salt oder Knight and Day ein seltsam hohl laufendes Drama-Maschinchen, in dem sich die CIA mal wieder darum bemüht, die Schweinereien ihrer Vergangenheit zu beseitigen.

Die Bewältigung der Gegenwart haben die Geheimdienste offenbar eingestellt, etwas, was sie mit dieser Art von Filmen durchaus gemein hat.

Thomas Friedrich

Hanna USA 2011 R: Joe Wright B: Seth Lochhead, David Farr K: Alwin H. Kuchler D: Saoirse Ronan, Eric Bana, Cate Blanchett