HEAVEN

Der bessere Wim

Tom Tykwer mag starke Frauen

Am Anfang stürzt ein Helikopter vom Himmel herab, am Ende steigt einer hinauf. Was zu Beginn ein Übungsflug am Simulator ist, bedeutet am Ende die Flucht ins Nirgendwo. Wie hoch kann man fliegen?, fragt der Pilot, der bei beiden Flügen am Steuer sitzt. Eine Antwort gibt es nicht. Der Himmel schweigt. In Heaven gibt es viele solcher Fragen und viele unkonkrete Antworten. Sicher scheint nur: Irgendwo hoch oben am Himmel wird's metaphysisch. Kein Wunder. Das Drehbuch stammt vom manieristischen Filmemacher Krzysztof Kieslowski, und der nicht weniger stilbegeisterte Tom Tykwer drückte der Rache- und Liebesfabel seine Handschrift als Regisseur auf.
In der Story finden sich Figuren typisch Tykwerschen Zuschnitts. Die Protagonistin Philippa (Cate Blanchett) ist eine starke, aufopferungsbereite Frau, eine resolute Person, die wie die Lola in Lola rennt oder die Sissi in Der Krieger und die Kaiserin eisern das einmal Vorgenommene zu Ende bringt. Hier ist es ein Bomben-Attentat auf einen Drogenboss.
Dabei hilft ihr Filippo (Giovanni Ribisi), ein junger Carabinieri. Ribisi mimt diesen herzensguten, unterschätzten und oft dumm dreinblickenden Nachfolger von Joachim Krol, Moritz Bleibtreu und Benno Führmann. Er sagt dabei nicht viel wie überhaupt die Personen wenig Worte austauschen, er beobachtet und handelt. Zuerst verliebt er sich ganz furchtbar, dann folgt er seinem Herzen und flüchtet mit Philippa in die Toskana.
In Heaven wird nicht gespart: nicht mit grossen Gefühlen, kleinen Gesten und fantastischen Bildern. Kameramann Frank Griebe gelingen opulente Bilder, die schon im Vorgänger-Film von Tykwer besser als die Story waren. Die Bildkraft schliesst so manche Lücke der Geschichte.
Ein deutscher Regisseur, eine britische Ausnahme-Darstellerin, ein amerikanischer Shooting-Star, ein renommiertes Produktionsteam ( Der englische Patient ) und ein italienischer Hintergrund - bei all dieser Fülle an Namen und Bedeutungen ist es ein kleines Wunder, dass Heaven am Ende ein leiser, leichter und poetischer Film geworden ist. Tom Tykwer empfiehlt sich damit endgültig als der bessere Wim Wenders.

Ulf Lippitz

D/USA 2002, R: Tom Tykwer, B: Krzysztof Kieslowski, K: Frank Griebe, D: Cate Blanchett, Giovanni Ribisi, Remo Girone, Mattia Sbragia u.a.