HEIRATE MICH

Nette Männer

Wenn ein Deutscher eine Kubanerin heiratet ...

Hier ist alles echt, nichts gestellt: Zwei Jahre lang haben die Filmemacher Uli Gaulke und Jeanette Eggert ein deutsch-kubanisches Pärchen beobachtet, das in Hamburg lebt. Gladis ist Kubanerin (und bekannt aus Gaulkes/Eggerts Dokumentarfilm Havanna Mi Amor ), Erik ist Deutscher. Gladis ist temperamentvoll, sinnlich, klug, berechnend, Erik ist Mitte 30, nett, Lehrer, ein sozialdemokratischer Spießer, verschlossen, langweilig, rechthaberisch, der sich beim Kuba-Urlaub verliebte, seine Frau daraufhin in den Wind schoss und Gladis heiratete und nach Hamburg holte. Nach dem Weihnachtsessen holt Erik sein Handy raus und ruft Mami an und sagt dieses typisch deutsch-verlogene "Jaaaaaa ... ... dir auch, ich wollte nur fröhliche Weihnachten .... jaaaaaaa, uns geht's gut ..." - Gladis guckt ihn dabei von der Seite an und grinst sich eins.
Heirate Mich versucht einen Blick auf Deutschland zu werfen, der Gladis' Blick ist. Deutschland ist kalt, ziemlich leise (im Gegensatz zum lautstarken Kuba, das wir anfangs sehen) und ziemlich verbaut: überall Steine, Häuser, Neonlichter. Die Deutschen sind blaß, haben meistens einen dozierenden Tonfall, essen gern Pflaumenkuchen und kaufen ihre Betten bei IKEA. Aus der temperamentvollen Gladis wird ein bißchen was Deutsches: verschlossen, traurig, unterdrückt wütend.
Aber richtig wütend ist Erik: er hat viel Geld für Gladis bezahlt (obwohl er sie natürlich liebt, aber beim Heiratsantrag legt er nicht mal für den Kuß die Zigarette aus der Hand), er hat die Wohnung besorgt, er arbeitet wie verrückt - und was ist der Dank? Gladis spurt nicht, obwohl sprachlich und kulturell isoliert, gibt sie nicht klein bei, schenkt ihm ordentlich ein, will sein nervendes "da müssen wir drüber reden" nicht hören, will nicht dauernd wissen, was er grad denkt oder fühlt. Der ganze deutsche Erik, dieses emotionsschwache Würstchen, geht ihr mächtig auf die Nerven.
Später trifft Gladis eine kubanische Freundin, die ihren Kerl in Deutschland längst verlassen hat. Halte durch! rät sie ihr, warte, bis du deine eigene Aufenthaltsberechtigung hast! Erik ist unerträglich, sagt Gladis, ich denke nur noch: Augen zu und durch!
Das böse Ende für beide sei nicht verraten. Beide kriegen schließlich das, was sie wollten und haben doch verloren.
Im Presseheft schreiben die Regisseure, die wirklichen Streitigkeiten seien noch viel heftiger gewesen, man habe vieles nicht gefilmt und weggelassen. Deshalb sei Heirate mich auch nicht die ganze Wahrheit über Erik und Gladis, sondern eine Geschichte "nach einer wahren Begebenheit". Tatsächlich hat der Film die Qualität eines Spielfilms, das Material aus zwei Jahren Paarbeobachtung wurde so montiert, dass sich eine spannende, peinliche und kluge Geschichte ergibt. Sie mag nicht die Wahrheit über Gladis und Erik erzählen, aber eine wahre Geschichte ist es dennoch. Mindestens eine über so richtig nette deutsche Männer.

Thomas Friedrich

D 2003. R&B: Uli Gaulke, Jeanette Eggert. K: Alex Schneppat, Uli Gaulke. D: Erik, Gladis, Omarito