HELDEN AUS DER ZWEITEN REIHE

Spielwütig

Football kann auch komisch sein

Nachdem Oliver Stone (in An jedem verdammten Sonntag ) die Kommerzialisierung des Football anklagte, Boaz Yakins Gegen jede Regel die Spieler in antirassistischer Mission aufs Feld schickte, beschwört Helden aus der zweiten Reihe wieder den einfachen Spaß am Spiel. Die Profis der Washington Sentinels gehen in den Streik, um ihre Millionengagen noch ein wenig aufzustocken. Der ehemalige Trainer McGinty (Gene Hackman) wird engagiert und soll vier Spiele vor den Playoffs eine Ersatzmannschft zusammenzustellen. McGinty bestückt sein Team, mit Spielern, die schon längst aus dem Profigeschäft ausrangiert wurden, und gibt ihnen das, wovon alle amerikanischen Verlierer träumen: eine zweite Chance.
Auf dem Platz versammelt sich eine Horde von spielwütigen Exzentrikern. Vom japanischen Sumo-Ringer über den durchgeknallten Robocop und taubstummen Linienspieler bis hin zum kettenrauchenden walisischen Torschützenkönig (Rhys Ifans) wurde hier tief in die Kuriosit"tenkiste gegriffen. Anfangs herrscht heilloses Chaos auf dem Feld, aber nach der ersten gemeinsamen Kneipenschlägerei ist der männliche Teamgeist gestärkt. Als Cheerleader werden dann noch ein paar Mädels aus der lokalen Strip-Bar rekrutiert, die Publikum und gegnerische Mannschaft mit lasziven Darbietungen in den Bann ziehen.
Bitterernst ist es dem Film allerdings um den traumatisierten Quarterback Shane Falco (Keanu Reeves). Einst war er ein gefeierter Star, bis er damals beim Sugar-Bowl-Spiel derart versagte, dass sich heute immer noch alle an die historische Niederlage erinnern. Jetzt schabt er den Dreck von fremden Booten ab, statt sich den wahren Herausforderungen seines Lebens zu stellen. Ich sehe zwei Männer in dir: sagt Coach McGinty bedeutungsvoll, den Mann, der du sein solltest, und den Mann, der du bist. Leider belässt es Regisseur Howard Deutch nicht bei einer harmlosen Sportlerklamotte, sondern hebt immer wieder zu solch pathetischen Nachhilfelektionen in amerikanischer Lebensführung an. Solange die Knochen krachen und die Lachmuskeln trainiert werden, macht Helden aus der zweiten Reihe als anspruchsloses Popcorn-Movie noch Punkte. Wenn jedoch Gene Hackman als alter Mann auf dem Sportplatz ins entbehrliche Philosophieren verfällt und Keanu Reeves mit seinem limitierten mimischen Repertoire auch noch eine Cheerleader-Liebesgeschichte durchstehen muss, verliert der Film seinen komödiantischen Schwung und arbeitet sich in äußerst zähen 118 Minuten zum vorschriftsmäßigen Finalsieg vor.

Martin Schwickert

The Replacements USA 2000 R: Howard Deutch B: Vince McKewin K: Tak Fujimoto D: Keanu Reeves, Gene Hackman, Brooke Langton