HERO

Yin und Yang

Zang Yimous optisch perfektes Helden-Epos

Sie heißen "Weiter Himmel", "Zerbrochenes Schwert" und "Fliegender Schnee". Hinter den poesievollen Namen verbergen sich unbesiegbare Schwertkämpfer und gesuchte Attentäter.

Im China des dritten vorchristlichen Jahrhunderts versucht der König von Qin, die sieben Provinzen durch einen rücksichtslosen Eroberungskrieg zu vereinen. Seine Gegner senden immer wieder Auftragsmörder aus, um dem Hegemonialstreben des Tyrannen ein Ende zu bereiten. Nach zehn Jahren erfolgloser Fahndung behauptet nun ein namenloser Kämpfer (Jet Li), die drei ärgsten Widersacher des Monarchen zur Strecke gebracht zu haben. Sein Bericht wird zu einem erzählerischen Vexierspiel, das sich über Variationen der Wahrheit annähert.

Wie schon sein Kollege Chen Kaige in Der Kaiser und sein Attentäter geht auch Zhang Yimou in Hero zurück in die mythenumrankte Gründungszeit des Chinesischen Reiches. Hero ist Zhangs erster Martial-Arts-Film und verbindet historisch Monumentales mit eleganter Kampfkunst und modernsten Computereffekten. Ähnlich wie in Ang Lees Tiger & Dragon werden die Kung-Fu- und Schwertkampfsequenzen durch computeranimierte Bewegungen überhöht. Aber während Lee die Ästhetik der fliegenden Körper mit leiser Ironie versetzte, ist Zhangs Epos mit tiefernster fernöstlicher Symbolik und Philosophie durchzogen.

Die absolute Kontrolle, die die Kampfartisten über ihren Körper haben, strebt Zhang als Regisseur auch über seine filmischen Mittel an. Perfektion und Eleganz bestimmen seine Ästhetik. Jede Episode wird eine andere Grundfarbe getaucht. Höhepunkt sind jeweils die Kampfszenen, in denen die Körper schwerelos durch die Luft propellern oder die Schwertspitze auf dem Weg zum Feindeskörper herunterfallende Regentropfen durchsticht. Rasante Bewegungsfolgen werden von Zeitlupenaufnahmen und kontemplativen Kampfpausen abgelöst. Hero ist ein Film, der Gegensätze vereint, ohne sie ineinander aufzulösen: Geschwindigkeit und Stagnation. Individuum und Masse. Wüste und Wasser. Ein Yin/Yang-Zeichen auf Celluloid und in Cinemascope.

Zhang hat für das teuerste Projekt der chinesischen Filmgeschichte die Créme de la Créme des asiatische Kinos zusammengezogen.

Hinter der Kamera stand Christopher Doyle, der fast allen Filmen von Wong Kar-Wei ihre unverwechselbare Optik gab. Vor der Kamera neben Jet Li weitere Ikonen des Hongkong-Kinos: Maggie Cheung und Tony Leung, die das im Kampf vereinte Liebespaar spielen, deren Herzen im dramatischen Finale stilgerecht durch das Metall des Schwertes verbunden werden. Denn neben der Philosophie des Kampfes geht es hier auch um große Gefühle und Selbstaufgabe. Aber selbst hier regiert die absolute Ästhetisierung. Nur eine einzige Träne rinnt durch Maggie Cheungs makelloses Antlitz in den Steppensand. Dafür färbt sich nach dem Tod des Geliebten schon mal ein kompletter Eichenhain in blutiges Rot.

Die Radikalität, mit der hier die Stilisierung vorangetrieben wird, hat aber auch eine gewisse Herzenskälte und emotionale Leere zur Folge, die einen beim Betrachten auf die immer schönen Bilder befällt. In China wurde Hero zum Publikumsrenner, geriet jedoch auch ins Kreuzfeuer der Kritik: dass der Attentäter am Schluss vom Tyrannenmord absieht, um dessen Vision von einem geeinten China zu unterstützen - das hat den Machthabern der Partei besser gefallen als den Kritikern des Regimes.

Martin Schwickert

China 2002 R: Zhang Yimou B: Zhang Yimou, Li Feng, Wang Bin K: Christopher Doyle D: Jet Li, Tony Leung Chiu Wai, Maggie Cheung Man-Yuk