Hitchcock

Alfred für alle

Wie der berühmteste Regisseur der Welt den schrecklichsten Film der Welt drehte

Alfred Hitchcock hat nie einen Oscar bekommen. Als die Acadamy ihm 1979 endlich eine Auszeichnung für sein Lebenswerk zusprach, bedankte er sich bei drei Leuten: Einem Drehbuchautor, einem Produzenten und einem Freund. Alle drei hießen Alma Reville und waren mit ihm verheiratet.

"Ich war mal sein Chef" sagt Helen Mirren als Alma in Hitchcock, als ihr klar wird, wie aufopferungsvoll sie ihren Alfred von seinen jungen Jahren in England bis zum Weltruhm unterstützte. Immer geduldig, immer ohne Namensnennung. Jetzt aber hat sie eigene Pläne, jedenfalls deutet Sacha Gervasi an, Mrs. Hitchcock wolle wohl endlich auch ein Stück vom Ruhm und vielleicht eine Affäre dazu. Man gönnt ihr den Galan, der mit Alma an seinem Drehbuch arbeitet, um damit dem großen Meister näher zu kommen.

Der sucht derweil auch nach etwas Neuem. Auf dem Gipfel seines bisherigen Ruhms, gleich nach Der unsichtbare Dritte soll er Anne Frank machen oder den ersten James Bond-Film, er aber stößt auf einen Horror-Roman nach dem Leben des Serien-Killers Ed Gein. "Psycho" ist gewalttätig, voller unterdrückter Sexualität und das ideale Vehikel für einen Mann, dessen ungesundes Interesse für blonde Schauspielerinnen und makabre Scherze längst sprichwörtlich ist.

Basierend auf einem Sachbuch über die Dreharbeiten bedient Hitchcock alle Standards der Psycho-Folklore: Wie der Meister die Investoren verschreckt, die Stars ausbeutet, die Frauen bespitzelt, die Toilette bei der Zensurbehörde durchdrückt und am Ende für den Schmuddelstoff sein eigenes Geld, seinen Ruf und Almas Pool aufs Spiel setzt.

Hitch hat Marotten, für die schwächere Männerin den Knast gehen. Und Gervasi zeichnet jede zuweilen etwas albern nach. Dick fällt Alfreds Schatten auf eine Leinwand, genüsslich zerbirst eine Lauchstange beim Diätversuch in seiner Hand, während die Kamera Almas Nacken mustert. Und manchmal unterhält sich der von Anthony Hopkins zum Verwechseln echt gespielte Regisseur mit einem imaginierten Ed Gein.

An solchen Stellen verlässt der Film festen Grund und spannenden Sinn und verliert sich zwischen Hommage und Alma-Ehrenrettung im Unübersichtlichen. Vielleicht, weil wegen Rechtstreitigkeiten keine Dialoge und Szenen aus Psycho verwendet werden durften. Ohne die aber wirkt Hitchcok in der Mitte etwas leer.

Wing

USA 2012. R: Sacha Gervais B: John McLaughlin K: Jeff Cronenweth D: Anthony Hopkins, Helen Mirren, Jessica Biel, Scarlett Johansson, Toni Collette, Danny Huston