DIE HÖHLE DES GELBEN HUNDES

Von Mädchen und Wölfen
Nomaden-Leben in der Mongolei

Mit Die Geschichte vom weinenden Kamel haben die Münchner Filmhochschüler Byambasuren Davaa und Luigi Falorni einen Überraschungserfolg gelandet. Über 300.000 Zuschauer sahen in Deutschland das dokumentarische Märchen, das in das Leben der Nomaden in der Wüste Gobi eintauchte, die im Einklang mit Natur, Großfamilie und Kamelherde lebten. Auch in den USA spielte die ethno-zoologische Studie 1,7 Millionen Dollar ein und brachte den Filmemachern sogar eine Oscar-Nominierung ein. Jetzt ist Byambasuren Davaa erneut in ihre mongolische Heimat zurückgereist und porträtiert das Leben einer traditionellen Nomadenfamilie im Nordwesten des Landes.
In der fruchtbareren Steppenlandschaft lebt die Familie Batchuluun den Sommer über mit ihrer Schafherde. Als die älteste Tochter in einer Höhle einen Hund findet, ist der Vater dagegen, das Tier in die Familie aufzunehmen. Immer mehr Nomaden geben das Leben in der Steppe auf und ziehen in die Stadt. Ihre Hunde bleiben zurück und schließen sich den ausbreitenden Wolfrudeln an. Der Vater hat Angst, dass der Hund die Wölfe anlockt. Aber Nansal ist ein durchsetzungsfähiges Mädchen, und auch der Vater zögert, das Tier zu verjagen. Schließlich haben die buddhistischen Mongolen ein besonderes Verhältnis zu Hunden, da sie in der Reinkarnationsfolge kurz vor dem Menschen stehen.
Das hat nicht ganz die mythische Anziehungskraft seines Vorgängers. Trotzdem strahlt auch dieser Film jene meditative Ruhe aus, die sich aus dem naturverbundenen, mit Tages- und Jahreszeiten im Einklang befindenden Leben der Nomadenfamilie ergibt. Filme wie diese sind visueller Balsam für die Seele westlicher Metropolenbewohner. Obwohl Byambasuren Davaa eigentlich nur das Familienleben der Nomaden abbildet, bedienen ihre ethnografische Studien bewusst auch eine tiefe Sehnsucht in den westlichen Zuschauern. Byambasuren Davaa macht das Kino zu einem Ort der Besinnung. Wo sonst digitale Schlachten ausgetragen werden, träumt man sich hinweg in die endlosen Landschaften der Mongolei, um in weiter Ferne den eigenen Herzschlag wieder hören zu können.

Martin Schwickert
D 2005 R&B: Byambasuren Davaa K: Daniel Schönauer D: Babbayar Batchulun , Buyandulan Daramdadi