The Homesman

It's a Man's World

Tommy Lee Jones hat einen surrealen feministischen Western gedreht

Wie die Frauen an dieser Welt wahnsinnig werden - das zu zeigen, lässt sich The Homesman, die zweite Regiearbeit von Tommy Lee Jones, viel Zeit. Es stört den Regisseur auch offenkundig gar nicht, dass die Szenen anfangs die Struktur des Films völlig aus den Fugen bringen. Während wir in ruhigen, sehr komischen Einstellungen sehen, wie die anpackende Hilary Swank als alleinstehende und wohlhabende Farmersfrau einem etwas zu jungen Nachbarn einen Heiratsantrag macht ("Mit ihrer Intelligenz und meinem Reichtum..."), sehen wir scheinbar wahllos dagegen geschnitten Szenen aus der endlosen Weite Nebraskas: Eine weinende Frau legt ihr totes Kind im Schnee ab - neben einem offenkundig kurz zuvor gestorbenen Kind. Eine andere steht ratlos weinend vor einer Kadaveransammlung von Rindern, die an Krankheit oder einfach Hunger starben und den ganzen Reichtum der Farm ausmachten. Eine dritte Frau wird von ihrem Ehemann auf eine Art und Weise begattet, wie es selten zu sehen ist.

Alle drei Frauen, so beginnt die Geschichte, verfallen dem Wahnsinn. Und weil es in der Gemeinde niemanden gibt, der Manns genug ist, dafür Verantwortung zu übernehmen, sitzt Hilary Swank nach 30 Filmminuten auf einer Art Gefängniswagen, darin die drei apathischen Frauen, die in die Obhut der Kirche weit weg in Iowa übergeben werden sollen. Unterwegs sammelt Swank den Hallodri und Säufer und herzensguten Loser Mr. Briggs auf - Tommy Lee Jones.

Die Reise durch das leere Territorium "Nebraska" hat Jones eher konventionell inszeniert. Die Gruppe begegnet Indianern und Gaunern. Irgendwann kommen sich Hilary Swank und Tommy Lee Jones näher. Aber dann nimmt der Film eine brutale Wendung und wird derart surreal, dass man sich an Eastwoods High Plains Drifter erinnert fühlt. Da zwingt der Held eine Kleinstadt, alle Häuser rot anzustreichen und auf das Ortschild "Hell" zu schreiben. Etwas Ähnliches veranstaltet Mr. Briggs mit dem unnachahmlich widerlichen James Spader, der als fieser Hotelbesitzer Aloysius Duffy der Gruppe Unterkunft und Verpflegung verweigert. Da bricht sich kurz der Zorn Bahn, den der Film in uns und der Hauptfigur aufgebaut hat: Itīs a manīs world.

In vielen kleinen Gesten und Blicken präsentiert The Homesman eine Welt, die nicht zu retten ist und in der die Frauen die ewigen Verlierer sind. Es gibt kleine Triumphe, den guten Geschmack des Aufbegehrens, aber am Ende spielt das alles keine Rolle. Denn das Ende ist von beinahe aggressiver Hoffnungslosigkeit. Die Lebenden gehen über die Toten hinweg und machen einfach weiter. In anderen Filmen wirkt das optimistisch, The Homesman sieht eher so aus, als habe sich Jean-Paul Sartre in den Westen verirrt. In Begleitung von Simone de Beauvoir. The Homesman ist dabei ein eminent witziger Film in großer, beeindruckender Optik mit perfekt besetzen Schauspielern. Neben den beiden Hauptdarstellern und James Spader bleiben vor allem Miranda Otto, John Lithgow und Meryl Streep in Erinnerung, deren Mischung aus pfäffischer Anteilnahme und echter Bekümmernis über den Zustand der Welt den Tonfall des Films perfekt spiegelt.

Thomas Friedrich

USA 2014 R: Tommy Lee Jones B: Tommy Lee Jones, Kieran Fitzgerald, Wesley A. Oliver K: Rodrigo Prieto D: Tommy Lee Jones, Hilary Swank, Miranda Otto, John Lithgow. 123 Min.