The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben

Drowning by Numbers

Benedict Cumberbatch als schrulliges Mathe-Genie Alan Turing

Dass Alan Turing sich mit 41 Jahren umbrachte, nachdem die britische Justiz ihn gezwungen hatte, seine Homosexualität medikamentös zu unterdrücken, deutet The Imitation Game nur an und schiebt diese Information als Texttafel nach. Den Film mit Bildern enden zu lassen, die den toten Turing zeigen oder seinen Selbstmord, hätte dann doch zu sehr auf die Stimmung gedrückt. Es ist bekannt, dass Filme mit solchen Enden gewaltig floppen können.

Auch spielt der großartige Benedict Cumberbatch als Alan Turing die tiefe Einsamkeit seiner Figur viel intensiver aus, als es das Drehbuch offenkundig gewollt hat. Der norwegische Regisseur Morten Tyldum ist seit Headhunters auch eher für schrillen Krawall als traurige Tiefe bekannt.

Der Film wird auf drei Ebenen erzählt: In der Gegenwart sitzt der geniale Mathematiker Turing auf einer Polizeiwache und erzählt seine Geschichte. Und die springt erstmal zurück in Turings Internatszeit, als er seine Homosexualität entdeckte und sein Freund Christopher plötzlich an Tuberkulose verstarb.

Der Kern der Geschichte aber spielt in den 40ern, als Turing im Auftrag der britischen Regierung ein Team leitete, das daran arbeitete, die Funkcodes der Nazis zu knacken. Die besaßen eine hochkomplexe Codiermaschine, Turings Idee war, eine Maschine zu bauen, die diese Maschine schlägt.

Wie das funktioniert, versucht der Film erst gar nicht zu erklären. Auch Turings Gedankenexperiment, die sogenannte Turing-Maschine (in etwa so wichtig wie Schroedingers Katze), wird nur am Rande gestreift. Dafür setzt The Imitation Game auf plötzlich groß werdende Augen, denen wir ansehen, dass hier gerade jemandem ein Licht aufgeht, woraufhin die ganze Rasselbande der Codeknacker nach draußen in die Nacht stürzt, zu ihrer Rechenmaschine rennt und dort ein paar Kabel und Stecker neu verbindet; hey!, so wird Geschichte gemacht!

Die halbherzige Mischung aus Pathos und geglättetem Biopic nimmt man dem Film nicht weiter übel. Cumberbatch und Keira Knightley als patentes Genie an seiner Seite spielen ihre Rollen so wundervoll intensiv und ernst, dass man meistens vergisst, was für einen Unfug der Film uns gerade wieder unterjubeln will.

Hinzu kommen wirklich erlesene Settings, eine beindruckend nachgebaute Rechenmaschine (die entgegen der Schlusscredits mit modernen Computern noch weniger zu tun hat als Konrad Zuses erste Maschine), recht aufwändig gestaltete Kriegssequenzen, die zeigen sollen, dass die Arbeit der Dechiffrierer Tausende von Leben retten kann, und ein sehr dezenter Musikscore.

Insgesamt ist The Imitation Game weniger glatt als Die Entdeckung der Unendlichkeit, aber ähnlich wie die Hawking-Biografie macht er einen weiten Bogen um das eigentliche Universum seiner Helden. Wir sollen uns ja im Kino wohlfühlen, nicht klüger werden.

Thomas Friedrich

USA/GB 2014 R: Morten Tyldum B: Graham Moore K: Oscar Faura D: Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Mark Strong, Charles Dance, 115 Min.