THE INTERNATIONAL

Das Bondchen

Clive Owen kloppt sich mit einer "Bad Bank"

Drei Männer am Bahnhof, Großaufnahmen von Blicken, kurze Sätze, dazwischen viel Regen und Glas und Autorückspiegel. Wäre dies ein Debütfilm, der Regisseur hätte wohl eine Mundharmonika dazu krächzen lassen. Es ist aber der Eröffnungsfilm der Berlinale und Tom Tykwers erste US-Koproduktion, die schon vor dem Start als der bessere Bond und der Paranoia-Thriller zur Bankenkrise gefeiert wurde.

Dabei ist das meiste bloß Zufall. Der Berliner Hauptbahnhof kam in den Film, weil er in den Babelsberger Studios gedreht wurde. Clive Owen kam sicher auch hinein, weil er in der Gerüchteküche lange als neuer Bond galt. Im letzten Bond saßen die Gegner bei einer Opernaufführung, in International werden Mordaufträge in Museen vergeben. Und die Zentrale des Unheils, die Chefetage einer Luxemburger Bank, wird von der Berliner Zentrale der Filmfirma gespielt, die eben auch Bond produzierte.

Agenten in Filmen wissen, dass es keine Zufälle gibt. Wenn nach dem konspirativen Treffen der Eröffnung ein Mann plötzlich einen Herzanfall kriegt und der andere einen Autounfall hat, dann muss das mit dem Fall zu tun haben, in dem Clive Owen als Interpol-Agent Louis Salinger gerade ermittelt. Und Tom Tykwer weiß, und lässt es Armin Müller-Stahl später todtraurig im Film aussprechen, dass sich die Fiktion vom wirklichen Leben eben darin unterscheidet, dass sie Sinn ergibt.

Salinger ahnt, dass die böse Bank, die er wegen Waffengeschäften verfolgt, schon wieder Belastungszeugen ermorden liess. Gegen die im Genre gewohnt zögerlichen Vorgesetzten setzt er sich mit einer blonden Staatsanwältin (Naomi Watts) auf die dünne Spur des Geldes und recherchiert in ganz Europa herum. Außer dem standardisierten Film-Paar scheint aber niemand näheres wissen zu wollen.

Salinger ermittelt trotzdem, kaum am Computer, und Tom Tykwer inszeniert fast ohne Worte immerzu Konflikte von Einzelpersonen mit der Architektur des Systems. Da ragen die scheinbar transparenten Stahl-und-Glas-Paläste verschiedener europäischer Firmen wie Festungen gegen die Wahrheit. Da gipfelt der Film in einer Massen-Schießerei im Guggenheim-Museum, und die extra für den Film angefertigen Videoskulpturen zerbröseln wie magische Spiegel. Da rennen Held und Endgegner über die Dächer Istanbuls zum Showdown à und keinen Menschen scheint's zu interessieren.

Als Heldengeschichte endet The International unbefriedigend. Wir wissen nicht, wer gesiegt hat und ob die Welt besser wird. Aber wir haben gelernt, dass gegen die Pestilenz der Finanzberater ein starker Charakter etwas hilft. Keine Schulden zu machen und immer eine Pistole dabei zu haben, hilft auch.

Der Hauptfeind des Films, die IBBC-Bank, ist übrigens deutlich nach der realen BCCI-Bank modelliert, die Anfang der 90er als Terror-Finanzier aufflog und zig Milliarden Dollar vernichtete.

Max Henson

USA/D/UK 2008. R: Tom Tykwer B: Eric Singer K: Frank Griebe D: Clive Owen, Naomi Watts, Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thomsen