»DIE AKTE JANE«

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Jetzt darf Demi Moore auch zum Militär

Senatorin Lilian DeHaven (Anne Bancroft) versteht sich darauf, mit provokanten, politischen Schachzügen, Wählerstimmen abzuschöpfen. Die Gleichberechtigung der Frau will sie ausgerechnet in der US-Army exemplarisch vorantreiben. Die Navy-SEALS sind eine Eliteeinheit der US-Marine, die in knallharter Ausbildung zu hochspezialisierten Kampfmaschinen herangezogen werden, und im Pilotversuch soll sich nun als erste Frau Lt. Jordan O'Neil (Demi Moore) in diesem Macho-Haufen beweisen. Die glatzköpfigen Kameraden und sadistischen Ausbilder sind ihr feindlich gesonnen, auch wenn die ehrgeizige Soldatin sich die Haare schert und die härtesten Trainingseinheiten durchsteht.
Ausführlich widmet sich Regisseur Ridley Scott ( Thelma & Louise) dem bunten Treiben auf den Exerzierplatz. Liegestützen in kühlen Meeresfluten, Gummibootstemmen bis zum Umfallen, Schlammrobben in strömendem Regen bis hin zu blutigen Foltersimulationen in tropischem Vietnam-Ambiente. Immer ist die Kamera auf Augenhöhe dabei. Porentief wird der Schweiß und der Dreck auf die Leinwand projeziert, Hubschrauber knattern am blauen Himmel, Wetterleuchten tauchen die Rekruten in stimmungsvolles Gegenlicht, Fahnen flattern effektvoll im Wind. Die Kamera von Hugh Johnson ist engagiert bei der Sache und kreist begeistert um die Heldin, die ihren Körper nächtens mit Klimmzügen und Sit-Ups quält und stählt.
Der militärische Drill ist die ultimative Bewährungsprobe, in der die Soldatin beweisen darf, daß sie genauso hart im Nehmen ist wie ihre männlichen Kollegen. Mit schwer nachzuvollziehenden Masochismus kämpft Jordan O'Neil darum, genauso beschissen behandelt zu werden wie alle anderen. Mit körperlichen Höchstleistungen verschafft sie sich Respekt. Aber erst nachdem der Ausbilder sie halb tot geschlagen hat und sie dem Peiniger blutverschmiert ein dreifach-kräftiges "Lutsch meinen Schwanz" entgegenschleudert, wird sie gleichberechtigt in die Männergemeinschaft aufgenommen. Politische Intrigen gilt es zu bestehen, und später müssen in der libyschen Wüste noch ein paar Araber dran glauben, damit sich die Frontfrau auch in einem echten Out-Of-Area-Einsatz beweisen kann.
Mit Die Akte Jane ist Ridley Scott ein opportunistisches Kunststück gelungen: Es gehört schon einiges dazu, die Tortouren der militärischen Ausbildung derart effektvoll in Szene zu setzen, ohne dabei die dahinter liegenden chauvinistischen Strukturen auch nur im Ansatz zu hinterfragen. Die Unterwerfung unter den männlichen Corpsgeist wird hier als Akt der Emanzipation abgefeiert. Das - nun ja - feministisches Anliegen verbindet sich auf durchaus peinliche Weise mit dem Pathos eines militaristischen Rührstückes.

Martin Schwickert