»RENDEZVOUS MIT JOE BLACK«

Seelen heil

Der Tod ist auch nur ein Mensch

Wäre Goethe nicht bereits von uns gegangen, den Genuß von Rendezvous mit Joe Black hätte er bestimmt nicht überlebt. Regisseur Martin Brest ( Der Duft der Frauen ) weicht den Faustischen Pakt so monströs auf, bis nur eine Lache Schmierseife übrig bleibt. Kein Sturm und Drang mehr, aber viel Seelenheil und Grundkonsens.
Der Medien-Tycoon (Anthony Hopkins) schließt mit dem Tod (Brad Pitt) eine Vereinbarung, um sein Leben zu verlängern. Der Zwischenweltbote schlägt ein, um das Leben auf der Erde zu erfahren und erhält einen Namen: Joe Black. Anfangs ungelenk bewegt er sich unter den Menschen, wortkarg und neugierig verwirrt er die Umgebung. Jeden Satz wiederholt er in einer Frage. Er entdeckt Erdnußbutter in Ermangelung von Nektar und Ambrosia. Ein Liebeserlebnis läutert ihn geradezu, das Schreckensgespenst verliert seinen furchtbaren Charakter. Aus Drohungen werden Hülsen, die selbst der Bedrohte kaum mehr ernst nimmt. Die finale Erkenntnis suggeriert: Der Tod ist auch nur ein Mensch.
In der Verwurstung von religiösen Motiven und Initationsgeschichte erstickt die Idee, an der Martin Brest seit zwanzig Jahren feilte. Der Film Death takes a Holiday von 1934 lieferte ihm das Grundgerüst, aus dem vieles zu holen war: eine spannende Untoten-Story, eine komplikationsreiche Liebesgeschichte und ein diabolisches Feuerwerk. Brest aber verdichtet nicht. Er verfolgt stringent eine moralisierende Linie, die Darsteller baden in opulenten Kulissen, und jeder Konfliktstrang löst sich in Wohlgefallen auf. Drei Stunden dauert der Aufprall zweier Welten. Drei Stunden, die wie eine Merchant/Ivory-Produktion aus der Neuzeit ausfallen und den Duft parfümierter Seife verströmen.
Die einzige Wonne ist es, dem begnadeten Anthony Hopkins zuzusehen. Er verleiht seiner Figur Eloquenz und Herz, Tiefe und Sensibilität. Brad Pitt wirft vor allem seine blauen Augen in die Waagschale. Die Klasse seines Auftrittes in Twelve Monkeys vermag er nicht zu erreichen. Die Schlauheit des Regisseurs, eine attraktive Hülle für den Tod zu engagieren, verführt dazu, dem Ableben gelassener entgegenzufiebern. Und wer wissen will, wie es weitergeht, kann sich nahtlos die Paradiesvisionen von Hinter dem Horizont anschauen. Das Seelenheil der Zuschauer ist in Hollywood gesichert.

Ulf Lippitz