JUNIMOND

Im Leerlauf

Down and out in Paderborn - ein Liebesfilm

Alleinsein ist schlimm. Wieder alleinsein ist schlimmer. So bleibt man Single - und Paul und Nele, die Hauptfiguren in Junimond, leben ganz kräftig nach dieser Erkenntnis. Paul ist aus Berlin geflohen, Nele aus Münster, beide wohnen jetzt in Paderborn und können sich gegenseitig in die Wohnung gucken, quer über die Straße. Paul beobachtet Nele heimlich und stellt fest, dass er sich jetzt nicht mehr so allein fühlt in dieser Stadt. "Ich weiß aber nicht, ob mich das freut", sagt er aus dem Off.
Die sanfte Annäherung zwischen diesen beiden traurigen Menschen ist dem Paderborner Hanno Hackfort ganz wunderbar gelungen. Mit prozierend verschlepptem Tempo gehen da zwei aufeinander zu, mit dem stillen Versprechen, eigentlich nichts voneinander zu wollen. Sie gehen ins Kino, kochen zusammen, reden, lachen - was Verliebte halt so tun. Nur das beide eigentlich gar nicht verliebt sind, lediglich sehr befreundet, was manchmal besser ist, weil man dann hinterher nicht so allein ist.
Vor allem die Bilder von Kameramann Frank Grunert tragen den Film. Da ist viel Dunkel, viel Schatten, viel traurige Provinzidylle, da sind langsame Fahrten durch die Wohnungen von Paul und Nele - und dann explodiert plötzlich alles in einer absolut kitischigen Herbstszene, in der beide in den Sonnenuntergang spazieren.
Gerade weil er sich jede Ironie verkneift, ist der Film bis dahin so glaubhaft und bewegend. Wir sehen, dass mit dieser halben Liebe etwas nicht in Ordnung ist, Paul und Nele leben eigentlich im Leerlauf, da geht nichts mehr vorwärts, aber manchmal ist mehr eben nicht drin.
Im letzten Drittel holt die Geschichte zu einem großen melodramatischen Wurf aus, eine düstere Vergangenheit, Tod und Sex kommen ins Spiel, plötzlich muß zwischen Paul und Nele alles sehr schnell gehen. Und alles wird sehr bedeutsam.
Das stört die große Gelassenheit. Und hat doch eine Wahrheit: Paderborn ist vor allem ein Zustand, der überwunden werden muß. Sonst stirbt man. Junimond beschreibt diesen Zustand als langsam wirkendes süßes Gift: Man kann auch Selbstmord begehen, indem einem zum eigenen Leben nichts mehr einfällt.
Diese Idee ist in Junimond sehr schön fotografiert worden.

Thomas Friedrich

D 2003. R&B Hanno Hackfort. K: Frank Grunert. D: Oliver Mommsen, Laura Tonke, Stephan Kampwirt, Teresa Harder