JUST THE WIND

Ein ganz normaler Tag

Gewalt und Ohnmacht in Ungarn

Es geht langsam voran in Benedek Fliegaufs deprimierendem Spielfilm nach wahren Begebenheiten, so langsam, dass man sich beim allmählichen Entsetzen fassungslos zuschauen kann.

Am Anfang schwebt nur ein Text unheilverkündend auf der Leinwand. In Ungarn haben neulich wieder unbekannte Täter eine Roma-Familie umgebracht. Dann singt jemand ein trauriges Lied, dann beginnt ein ganz normaler Tag für eine ganz normale Roma-Familie. Die Mutter geht zur Arbeit, die Tochter geht zur Schule, der Sohn treibt sich herum. Es gibt nur rudimentäre Dialoge und die Kamera, die immer ganz eng bei den Figuren bleibt, hilft auch nicht bei der Orientierung. Nur sozusagen aus den Augenwinkeln sehen wie die ärmlichen Verhältnisse, die Ruinen am Wegesrand, Absperrbänder, und dann und wann, wie jemand der Mutter Mari etwas Unterstützung zusteckt oder der Junge Rio von einem schwarzen Wagen verfolgt wird.

Anna lernt in der Schule etwas über die Menschheitsentwicklung. Neugier und Interesse an der Umwelt sei ein Merkmal unseres größeren Gehirns, doziert die Lehrerin, während alle Schüler gelangweilt dösen. Als Anna später mitbekommt, dass zwei Schüler eine blonde Nicht-Roma vergewaltigen wollen, geht sie stumm weg.

Andere Roma scheinen sich auf einen bewaffneten Kampf gegen die alltägliche Verfolgung vorzubereiten. Während die Polizei, die Rio am Tatort des letzten Überfalls belauscht, ganz offen mit den Tätern sympathisiert. "Ich könnte ihnen zeigen, wo sie hin müssen", sagt einer der Uniformierten.

Benedek Fliegauf macht seine Opfer nicht edel, und seine Täter nicht groß. Und auch wenn große Teile des Tages in ärmlichen Häusern, zwischen Schutt oder in der Natur spielen, gibt es auch Handys und einen Video-Chat Annas mit ihrem in Kanada lebenden Vater. Ungarn ist nicht aus der Welt, die nicht glauben mag, dass es mitten in Europa so zu geht.

So hoffnungslos. Und so zärtlich. Denn am Ende des Tages schmiegt sich die Familie im dunklen Heim aneinander, redet freundlich miteinander und Mutter Mari beruhigt alle, als von draußen seltsame Geräusche herein dringen: "Es ist nur der Wind". Und nur Rio überlebt.

"Zigeuner-Kinder haben einen Nachteil", sagte einer der schrecklichen Polizisten. "Sie werden erwachsen."

Wing

Chak a szel. U / D / F 2012. R + B: Benedek Fliegauf K: Zolatán Lovasi D: Lajos Sárkány, Katalin Toldi, Gyöngyi Lendvai, György Toldi, Attila Egyed