»ECHTE KERLE«

Auf die Straße

Männer können auch ganz anders

Der Frankfurter Kriminalpolizist Christoph Schwenk (Christoph M. Ohrt) markiert gerne den harten Bullen und Macho. Als er seine Verlobte mit einem anderen Kerl erwischt, glaubt er, sein Problem mit ein paar harten Drinks lösen zu können. Am nächsten Morgen wacht das Rauhbein mit einem Filmriß im Bett des schwulen Automechanikers Edgar Sänger (Tim Bergmann) auf. Es trifft ihn noch dicker: Die Verlobte läßt ihn nicht mehr in die gemeinsame Wohnung, sein VW wird geklaut; ausgerechnet ihm - observiert er doch gerade mit seinem Kollegen und Kumpel Mike Niemcek (Oliver Stokowski) eine Autoschieberbande. Dem Duo wird Verstärkung zugeteilt: Die attraktive und zudem besser ausgebildete Kommissarin Helen Renmark (Carin C. Tietze) ist für Christoph zuerst wie eine weitere Ohrfeige des Lebens. Ohne Dach über dem Kopf, zieht er notgedrungen in das Gästezimmer von Edgar, obwohl der ziemlich verliebt in ihn ist und in seiner Werkstatt offensichtlich gestohlene Autos frisiert.
Während er Edgars Nachstellungen abwehrt, entwickelt sich bei ihm Verständnis, und er beginnt sich zu verändern, toleranter und offener zu werden. Er verliert seine Homophobie und gewinnt ein differenziertes Verhältnis zu Frauen, besonders zu Helen, die an ihm Interesse zeigt. Doch daß ein Hetero mit einem Schwulen zusammenlebt, scheint niemand glauben zu wollen...
Statt auf gewöhnlichen Brechstangenhumor zu setzen, zeigt Regisseur und Autor Rolf Silber eine unaufdringliche und einfühlsame Komödie. In früheren Versionen war Edgar noch Bankkaufmann oder Computergrafiker. "Das war uns zu fernsehspielig", sagt Silber, "wir wollten das ganze mehr auf die Straße verlegen, zu den richtigen Menschen. Es sollte kein gepflegtes Mittelstandsambiente gezeigt werden." Deshalb spielt der Film in der härtesten, ruppigsten Stadt Deutschlands, in Frankfurt.
Silber studierte an der Film- und Fernsehakademie Berlin, bevor er in den 70ern politische Dokumentarfilme drehte. 1980 war er Mitgründer und Teilhaber einer Produktionsfirma, wo er vor allem an zahlreichen Kinderfernsehproduktionen (u.a. Käpt'n Blaubär ) als Autor, Regisseur, Cutter und Kameramann gearbeitet hat. In diesen Jahren entstand auch sein Kino-Debüt Kassensturz . In den 90ern entstanden die Fernsehkomödie 5 Zimmer, Küche, Bad und Willkommen in Babylon. "Vielseitiger, fantasievoller und genreübergreifender als im Kinderfilm kann man kaum drei Minuten kurze Geschichten erzählen", erklärt er, "die beste Schule, Film zu lernen." 1977 lernte er den Echte Kerle -Co-Autor Rudolf Bergmann ( Die Vier aus der Zwischenzeit ) in einer gemeinsamen Berliner Stammkneipe kennen. Die Idee für diesen Kinofilm basiert auf Silbers eigenen Erfahrungen, die er in einer Schwulen-WG, in der er fünf Jahre als "Alibi-Hetero" gelebt hat, gesammelt hat.

Frank Woicke