KIRSCHBLÜTEN

Platz für Trauer

Doris Dörrie und ein famoser Elmar Wepper lachen dem Tod ins Gesicht

Ihre Vorliebe für den Zen-Buddhismus hat Doris Dörrie nie verleugnet. Im Gegenteil. Zwei ihrer letzten Werke, Erleuchtung garantiert und How to Cook Your Life , konfrontierten den Zuschauer bereits direkt mit der fernöstlichen Weltanschauung. Auch ihr neuer Film ist nicht frei von buddhistischen Ideen. Kirschblüten - Hanami befasst sich Dörrie mit dem Thema Trauerarbeit.

Die Nachricht trifft Trudi (Hannelore Elsner) wie ein Schlag: Ihr Ehemann Rudi (Elmar Wepper) hat nur noch wenige Wochen zu leben. Von seinen Ärzten bekommt sie daher den Rat, noch ein letztes gemeinsames Abenteuer zu wagen. Für Trudi ist klar, wohin die Reise gehen soll: Zu ihrem jüngsten Spross nach Japan.

Zunächst besuchen die beiden ihre anderen Kinder in Berlin. Die Fahrt gerät zum Fiasko. Erst recht, als Trudi völlig überraschend stirbt. Der todkranke Grantler Rudi steht unvermittelt alleine da. Trotzdem bringt er das geplante Abenteuer zu Ende, indem er nach Japan fährt und seiner Frau dadurch posthum den letzten Lebenswunsch erfüllt.

Der Ton hier ist nüchtern, die Schnitte sind hart und die Bilder aus der DV-Kamera verwaschen und kühl. Trotzdem schafft es die Hannoveranerin Dörrie, ihrem Drama eine tragikomische Leichtigkeit zu verleihen. Getreu dem buddhistischen Motto: Das Vergangene ist nicht mehr. Die Zukunft ist noch nicht. Entscheidend ist das Hier und Jetzt.

Doch nicht nur der Umgang mit dem Tod ist in Kirschblüten dominant. Ebenso wird das erkaltete Verhältnis der Eltern zu den Kindern beleuchtet. Vor allem Birgit Minichmayr ( Das Parfum ) verkörpert eindrucksvoll die innere Zerrissenheit der Zöglinge. In ihrer Rolle fühlt sie sich ständig genervt und missverstanden. Also meidet sie ihre Eltern, wo sie nur kann. Auf der anderen Seite treibt sie die eigene Reizbarkeit zunehmend in die Verzweiflung. Erst recht, als die Mutter stirbt.

Die zentralen Figuren bilden der beherzt grantelnde Elmar Wepper und eine Hannelore Elsner, die selbst nach ihrem frühen Filmtod allgegenwärtig erscheint und nicht nur von ihrem Mann schmerzlich vermisst wird.

Ausgerechnet der eher für seichte TV-Unterhaltung bekannte Wepper entpuppt sich hier als grandioser Besetzungscoup. Nichts in seinem Handeln wirkt überzogen, nichts erscheint unglaubwürdig. Selbst wenn er in Trudis Kleidern durch Japan läuft, wirkt das weder albern noch peinlich. Mit dem Mut zu großen Gefühlen verarbeitet sein Witwer schlichtweg den persönlichen Verlust.

Nicht zuletzt dank Elmar Weppers Leistung nähert sich Kirschblüten - Hanami mit erstaunlicher Wärme dem schweren Trauerthema an. Dörries spirituelle Botschaft ist dabei eindeutig: Niemand ist wirklich tot, solange er in den Herzen seiner Mitmenschen weiterlebt. Und wie Rudi auf seiner Asienreise erfahren darf, müssen das nicht immer nur die Herzen der engsten Verwandten sein.

Oliver Zimmermann

D 2007 R&B: Doris Dörrie K: Hanno Lentz. D: Elmar Wepper, Hannelore Elsner, Nadja Uhl, Maximilian Brückner


Das Interview zum Film