Das Haus auf Korsika

Leben von vorne

Ein sanfter Film über das richtige Leben im Falschen

Christina hat mal was mit Kunst studiert, ist 30, arbeitslos und jobbt als Kellnerin in der Pizzeria ihres Verlobten. Das Leben in Charleroi ist so öde wie die durchschnittliche belgische Landschaft. Als Christina überraschend ein Haus ihrer Oma erbt, wird sie von allen bedrängt, das Haus möglichst schnell zu verkaufen und mit dem Geld endlich Sinn in ihr Leben zu bringen.

Aber Christina ist neugierig. Sie will das Haus sehen, das ihrer Oma so viel bedeutet hat. Sie fährt nach Korsika und steht vor einer ziemlich verfallenen Jagdhütte, deren Renovierung mehr kosten würde als sie wert ist. Christina beschließt zu bleiben.

Der schmucke Ziegenhirt hat mit Christinas Entscheidung ebenso viel zu tun wie ihr leeres Leben daheim. Zwar überfällt sie das fast menschenleere Dorf (mit 12 Einwohnern!) nicht gerade mit Sinnhaftigkeit, aber allein dass ihr bisheriges Leben hier einfach zur Ruhe kommt, ist eine Wohltat. Sie lernt Menschen kennen, die ihre Oma als junges Mädchen kannten. Sie entdeckt einen recht wilden Teil ihrer Familiengeschichte. Und sie findet den kalten Gebirgsbach, in dem ihre Großmutter wohl als Mädchen gebadet hat, damals, als es kein fließendes Wasser im Dorf gab und Strom sowieso nicht.

Pierre Duculot hat in seinem ersten Kinofilm auf jede aufdringliche Symbolik für Sinnsuche verzichtet. Seine Christina (wundervoll gespielt von Christelle Cornil) ist eine spröde, trotzige junge Frau, die plötzlich entdeckt, dass sie eine zweite Chance bekommt. Sie muss nicht als Frau des Pizzabäckers in Charleroi enden. Sie kann zunächst einmal das undichte Dach ihres Hauses auf Korsika neu eindecken und warten, was geschieht.

Konsequent verweigert dieser mit stillem Humor erzählte Film eine Antwort auf alle Fragen. Es gibt keine Liebesgeschichte mit Happy End, keine Versöhnung, nicht mal einen Job findet Christina, den sie so dringend bräuchte, um ihre weiteren Pläne zu finanzieren. Aber sie ist entschlossen, ihr falsches Leben nicht fortzusetzen und die Angebote neu zu prüfen, die das Leben ihr macht. Dafür steht dieses "Haus auf Korsika", eine Bruchbude in wilder Landschaft, die dringend der Aufmerksamkeit bedarf. Dass diese Symbolik nie ausgesprochen wird ist eine der charmanten Verdienste dieses eminent komischen Films.

Victor Lachner

Au Cul Du Loup F/B 2011 R & B: Pierre Duculot K: Hichame Alaouie D: Christelle Cornil, Francois Vincentelli, Jean-Jacques Rausin