LAND OF THE DEAD

Romeros Welt
Neues aus dem Reich der Untoten

Von allen Zombiefilmen waren die Werke von George A. Romero immer mehr Sozialkritik als purer Horror. In Die Nacht der lebenden Toten, Romeros Erstlingsfilm und der eigentliche Begründer dieses Subgenres, floh eine Gruppe von Menschen in ein verlassenes Landhaus; verbrachte dann aber den größten Teil des Films damit, sich gegenseitig zu zerfleischen, während die menschenfressenden Unhorden vor den verbarrikadierten Türen nur eine sekundäre Gefahr darstellten.
Auch in Zombie (1978) schafften sich die Überlebenden der Katastrophe schnell eine kleine und sichere Idylle in einem Einkaufszentrum, die erst dann zerbrach, als eine weitere Gruppe von Menschen ihnen diese nehmen wollte. Selbst der nicht sonderlich gelungene Zombie 2 - Das letzte Kapitel (1985) handelte von der Verantwortung des Militärs gegenüber der Bevölkerung, was die Messlatte für Romeros neuen Zombiefilm Land of the Dead in prickelnde Höhen legt; schließlich möchte man doch nur zu gern erfahren, wie Romero unsere Welt inzwischen betrachtet und seziert.
Auf eine Antwort muss man eigentlich nur bis kurz nach dem Vorspann warten: die lebenden Toten, die inzwischen die ganze Welt zu bevölkern scheinen, haben zwar weder gelernt zu rennen, wie in Danny Boyles 28 Tage später, noch sind sie von der unangenehmen Eigenart abgekommen, ihren Hunger mit Menschenfleisch zu stillen.
Stattdessen scheinen sie sich aber an ihr Leben vor dem (Un)tode zu erinnern und den kleinen Ritualen zu folgen, die ihr früheres Leben bestimmten. Sie betanken längst ausgebrannte Autos, beginnen nonverbal zu kommunizieren und einfache Geräte wie Hammer, Schaufeln oder Waffen zu benutzen.
Der Fortschritt der überlebenden Menschheit scheint im Gegensatz dazu eher rückläufig: unter der Aufsicht des Immobilienhais Kaufman leben einige von ihnen im Luxus des Wolkenkratzers Fiddlers Green, während die Arbeiterschicht in den umliegenden Slums ihre Talente als Schwarzmarkthändler, Prostituierte oder Soldaten vermarkten muss. Als zwei von ihnen, der autoritätsmüde Riley (Simon Baker) und der sozial aufstrebende Cholo (John Leguizamo) beschließen, sich unabhängig voneinander aus Kaufmans Netz zu befreien, beginnt das Kartenhaus des sozialen Gefüges zu schwanken.
Land of the Dead lebt vor allem von seiner Atmosphäre, einer Mischung aus Mad Max und Die Klapperschlange, die ihren bedrückenden Realismus nie verliert und den dünnen Plot auch dann unterstützt, wenn er zu einer langen Verfolgungsjagd zu verkommen scheint. Romero entpuppt sich besonders dann als Meister der Details, wenn er uns Dinge zeigt, die man kaum für möglich halten möchte - zum Beispiel eine neue Variante von Gladiatorenspielen, bei denen Menschen die Köder sind - dies aber so nebensächlich tut, dass man ihm dies problemlos abnimmt.
Vor allem zeigt uns Land of the Dead einen neuen Typen von Opfer: die Zombies, deren menschenfressendes Verhalten zumindest in ihrer Natur liegt, hier personifiziert durch einen schwarzen Untoten, der eigentlich zum Helden des fünften Teils der Serie werden müsste - sollte es diesen geben (worauf man nach diesem Film nur hoffen kann).

Karsten Kastelan
USA 2005. R&B: George A. Romero. K: Miroslaw Baszak D: Simon Baker, John Leguizamo, Asia Argento, Robert Joy, Dennis Hopper