LEROY

Letzte Liebe

Nazis sind nicht nur gefährlich, sondern vorwiegend blöd.

Papa, vor der Tür steht ein Nigger" ruft der kahlgeschorene Sohnemann nach hinten ins Wohnzimmer. Immerhin war Leroy (Alain Morel) vorgewarnt. "Die Familie ist rechts" hieß es in der Schule, als der junge Afrodeutsche sich unsterblich in Eva (Anna Hausburg) verliebt hatte.
Wie die Orgelpfeifen stehen Evas Brüder mit Bomberjacke und Springerstiefel im Wohnzimmer und starren den Besucher an. Im Hintergrund zwitschern die Wellensittiche. Die heißen Kaltenbrunner und Rommel. Letzterer hat gerade einen Selbstmordversuch unternommen, und Leroy konnte ihn heldenhaft aus den Gitterstäben befreien. Seitdem hat er bei der grenzdebilen Nazi-Mutter einen Stein im Brett.
Nachdem man in Dani Levys Mein Führer über Hitler lachen durfte, sind jetzt die Neonazis dran. In seinem Spielfilmdebüt Leroy erzählt Armin Völckers eine klassische Romeo & Julia-Geschichte. Statt der Capulets und Montagues versuchen die Nazibrut und das liberale, multikulturelle Elternhaus die romantische Liebe im vom Rassismus gebeutelten Deutschland zu verunmöglichen.
Aber Leroy gibt nicht auf. "Ich bin Deutscher" stellt er gleich zu Beginn des Filmes fest, während er durch die sonnigen Straßen des Multikultibezirks Berlin-Schöneberg schlendert. Sogar auf Mozart und Goethe steht der Junge, und Cello spielt er auch noch.
Etwas unschlagbar Naives haftet diesem Leroy an, der eigentlich erst durch Eva und ihre braunen Brüder auf sein Anders-Sein aufmerksam zu werden scheint. Aber gerade diese, angesichts der Verhältnisse in diesem unseren Lande eher unwahrscheinliche Setzung verhindert, dass die Figur in die Opferrolle gedrängt wird, ermöglicht ihr sich mit unverrückbarem Optimismus gegen den rechten Schwachsinn zur Wehr setzen. Mit sanfter Ironie zeigt Völkers wie Leroy seine Black-Power-Identität entdeckt und mit ledernem Shaft-Outfit und Malcolm-X-Hornbrille den Nazis entgegen tritt. Der junge Alain Morel ist eine echte Entdeckung in dieser Rolle und wird mit seinem zarten Charme vor allem die Herzen des weiblichen Teenager-Publikums gewinnen.
Leroy ist sicherlich alles andere als perfekt. Manchmal knirscht es gewaltig in der Komödiendramaturgie, nicht jede Pointe sitzt an der richtigen Stelle, einige Figuren im weit verzweigten Verwandtschafts- und Freundeskreis des Helden wirken etwas unterentwickelt. Aber der Film hat den Atem der Respektlosigkeit, den man in der Auseinandersetzung um rechte Gewalt oft vermisst. Nazis sind eben nicht nur gefährlich, sondern auch strunzblöde. Das ist nach diesem Film jedenfalls keine Frage.

Martin Schwickert

D 2007 R&B: Armin Völckers K: Tony Mitchell D: Alain Morel, Anna Hausburg, Constantin von Jascheroff


Das Interview zum Film