LET'S MAKE MONEY

Geld arbeitet nicht

Niedriglöhne, Schutzzölle, Spekulanten - Erwin Wagenhofers Beschreibung der Weltwirtschaft

Punktgenau zum Börsencrash beleuchtet der österreichische Filmemacher Erwin Wagenhofer, der mit We Feed The World schon die Absurditäten der globalen Nahrungsmittelproduktion vorgeführt hat, die Machenschaften der Weltfinanzmärkte.

Er interviewt Fondsmanager, die von den Möglichkeiten der "Emerging Markets" in den Schwellenländern schwärmen und ihre höchsten Gewinne einfahren, wenn in politisch instabilen Ländern "Blut auf der Straße" klebt.

Der österreichische Industrielle Mirko Kovats navigiert seinen Mercedes durch die heruntergekommenen Straßen im indischen Chennai, lobt das dortige Rechtssystem und zieht bei der Werksbesichtigung die Schrauben der Arbeitseffizienz für die Niedriglohnkräfte noch ein bisschen an. Ein wenig plakativ fallen manchmal die gegenüber gestellten Kamerafahrten durch die verrotteten Slums am Rande der Industriekloaken aus.

Wagenhofer belässt es nicht bei der Gegenüberstellung, sondern zeigt auch die Strategien auf, mit denen der Weltmarkt die Rolle der früheren Kolonialmächte weiter führt. Mit IWF-Krediten wurde Burkina Faso in die Baumwollproduktion hineingezwungen. Die Arbeiterinnen auf den Feldern verdienen gerade einmal 50 Euro im Jahr. Die Baumwolle hat die beste Qualität und die niedrigsten Produktionskosten der Welt. Trotzdem erzielt sie auf dem Weltmarkt kaum einen Ertrag, weil die USA die eigene Baumwollproduktion mit 3 Milliarden Dollar jährlich subventioniert. Ein sogenannter Wirtschaftskiller des CIA gibt Auskunft über seine frühere Arbeit, die von der gezielten Verschuldung einzelner Länder über Korruption bis hin zur mortalen Beseitigung von unliebsamen Regierungsmitgliedern reichte.

Auch in den westlichen Industriestaaten sind die Auswirkungen des deregulierten globalen Marktes deutlich spürbar. Die Privatisierungen öffentlicher Einrichtungen nimmt immer absurdere Formen an. Die Wiener Straßenbahn gehört längst einem US-Investor, an den die Stadt überhöhte Leasing-Raten zahlt. In Andalusien ist fast die komplette Küste mit riesigen Hotelanlagen zubetoniert, die weitgehend unbewohnt bleiben, während sich die britische Kanalinsel Jersey zum lukrativen Finanzzentrum gemausert hat, wo 500 Milliarden Dollar Privatvermögen unversteuert einlagern. Etwa 250 Milliarden an Steuereinnahmen gehen den Regierungen der Welt in solchen Steuerparadiesen jährlich verloren.

In Let's Make Money erreicht Wagenhofer zwar nicht die plastische, analytische Qualität, die We Feed The World auszeichnete. Dennoch zeigt der Film deutlich, wie das Primat der ungehemmten Profitmaximierung unweigerlich in eine eklatante Krise führt, deren Anfang wir gerade mit dem Zusammenbruch des Bankensystems erleben.

Martin Schwickert

Ö 2008 R&B: Erwin Wagenhofer