»THE LIMEY«

Goldene 60er

Peter Fonda und Terence Stamp feiern ein Jahrzehnt

Ebenso wie Peter Fonda ( Easy Rider ) gehört auch der britische Schauspieler Terence Stamp ( Die Verdammten des Meeres ) zu den Ikonen des 60er-Jahre-Kinos. Mit seinem spröden Gangsterfilm The Limey hat Regisseur Steven Soderbergh ( Out of Sight ) nun für die beiden verdienten Akteure ein Veteranen-Treffen arrangiert. Stamp spielt den englischen Working-Class-Gauner Wilson. Neun Jahre saß Wilson im Knast, weil er die Einnahmen eines Pink-Floyd-Konzertes gestohlen hat. Jetzt sitzt er im Flugzeug nach L.A., wo seine Tochter bei einem Autounfall umgekommen sein soll. Wilson ist sicher, dass sie ermordet wurde, und er will Rache. Handgreiflichen Recherchen bringen der drahtigen Alten direkt zu dem Plattenproduzenten Valentine (Peter Fonda), der mit der deutlich jüngeren Jenny ein Verhältnis hatte. Valentine war im Musikgeschäft etwas erfolgreicher als Wilson. "Er hat den Geist der 60er aufgegriffen und ist damit durchgebrannt" heißt es. Mit der Musik von damals hat er ein Vermögen gemacht, seine Villa hoch über den Hügeln Südkaliforniens zeugt von dekadentem Luxus. Valentine schwelgt in den Erinnerungen, vergnügt sich mit jungen Mädchen und finanziert seinen Lebensstandard in den 90ern als Geldwäscher im Drogenhandel.
Als Wilson auf seiner Party aufkreuzt, fliegt erst einmal ein Body- guard über die Brüstung. Aber das ist nur eine Warnung. Mit unaufhaltsamer Sturheit verfolgt Wilson den potenziellen Mörder seiner Tochter. Als es jedoch zum finalen Shoot-Out kommt, muss der rachsüchtige Vater feststellen, dass er selbst an Jennys Tod nicht unschuldig ist.
Steven Soderbergh verpackt seine etwas schrullige Gangsterballade in einen gezielt holprigen Erzählrhythmus. Zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft klickt der Film munter hin und her und ein Dialog kann hier schon einmal an drei verschiedenen Orten gleichzeitig stattfinden. Die anfangs etwas irritierende Puzzle-Schnitt-Technik wird jedoch nicht zum Selbstzweck, sondern passt sich in die angenehm schräge Grundstimmung des Filmes ein. Ebenso wie Hauptdarsteller Terence Stamp, der mit seinem bierernsten Gesicht ungeheure Komik entfalten kann. Sein Wilson ist ein äußerst hartnäckiges Stehaufmännchen - ein "angry old man", der selbst versierten Drogenmobstern zeigt, was eine Harke ist. Peter Fonda als sonnengebräuntes, wohlhabendes Weichei dient hier gewissermaßen als Aszendent. Wilson und Valentine kommen aus der gleichen Generation. Der eine hat Erfahrungen gemacht, der andere Geld. Valentine schwärmt von den 60ern, und wenn er von lang zurückliegenden Byker-Abenteurn berichtet, wird klar, dass der Mann ein paar mal zu oft Easy Rider gesehen hat. Jenseits der Vendetta-Geschichte ist The Limey eine bittersüße Reflexion über den verblassten Ruhm der glorreichen Sixties, in der Fonda und Stamp mit sichtlichem Genuss ihr eingerostetes Image karikieren.

Martin Schwickert