LOVESONG FÜR BOBBY LONG

Männer am Ende
Hier wird der träge Flair der Südstaaten gefeiert

Neben ihrem schlechten Verhältnis zum schwarzen Teil der Bevölkerung, gibt es auch Gutes über die US-Südstaatler zu sagen: sie trinken gern, sind lässig und relaxed, und haben im Lauf der Jahrhunderte einige große Autoren hervorgebracht.
Bobby Long (John Travolta) weiß all dies besser als viele andere, schließlich hat der ehemalige Englischprofessor die Klassiker schon so oft gelesen, dass er sie fast wortwörtlich zitieren kann. Was Alkohol und Faulenzerei angeht, muss er sein Wissen nicht in bedruckten Seiten suchen, da er und sein Mitbewohner Lawson (Gabriel Macht) seit Bobbys Rausschmiss von der Universität kaum noch etwas anderes machen.
Dies alles soll sich ändern, als eines Tages Pursy (Scarlett Johannson), die Tochter von Bobby und Lawsons kürzlich verstorbener Freundin Lorraine vor der Tür steht. Ehe die beiden verkaterten Junggesellen sich versehen, hat sich die junge Frau in dem ihr vererbten Haus eingenistet.
Lovesong für Bobby Long ist ein lyrischer und behutsamer Film voll altmodischer Romantik, und dennoch keine wirkliche Liebesgeschichte. Es ist ein Film, der einen die drückende Sommerhitze spüren, Leid und Schmerz verstehen lässt. Vor allem ist Bobby Long eine Paraderolle für Travolta: als Mann, den das Leben oft gebrochen hat, dessen Alkoholfahne, Exzentrizität und Missmutigkeit seine innere Würde trotzdem nicht verdecken können. Travolta spielt diesen vielschichtigen Charakter ohne die sonst bei ihm üblichen Schnörkel. Sein Bobby Long ist nicht cool, sondern versucht es zu spielen. Sein Grinsen ist nicht das Produkt von Selbstsicherheit, sondern ein Versuch, Schmerz zu verbergen. Er ist ein Mensch, der gelegentlich lebt und immer leidet; dass wir beides mit ihm zusammen tun, ist ein kleines Kunststück, das dieser wunderbar menschliche Film vollbringt.

Karsten Kastelan
USA 2004. R: Shainee Gabel. B: Ronald Everett Capps. K: Elliot Davis, Shainee Gables. D:John Travolta, Scarlett Johansson, Gabriel Macht, Deborah Kara Unger, Dane Rhodes,